SoZ Sozialistische Zeitung

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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Mai 2003, Seite 22

Ein Glückstag

(Un día de suerte), Argentinien 2002, Regie: Sandra Gugliotta, mit Valentina Bassi, Fernán Mirás, Darío Vito, Lola Berthet u.a.

Eine junge Frau, Elsa, lebt im heutigen Argentinien. Als ihr sizilianischer Großvater nach Argentinien auswanderte, sagte er zu seiner Frau: "Dort hinter dem Meer, da ist das Leben, dort gibt es keinen Hunger." Heute sagt Elsas Freund: "Nichts gibt es hier. Siehst du nicht, dass es nichts gibt? Wenn wir weggehen, bleibt hier nichts zurück."
Die Regisseurin Sandra Gugliotta meint dazu: "Ein Kreis scheint sich zu schließen. Eine Rundreise, von der wir weder wissen, wohin sie uns führt, noch wer sie bestimmt. Und während all die jungen Leute wie Elsa versuchen zu leben und zu lieben, haben sie immer noch Träume, irgendwann mal einen Glückstag zu haben."
Die visuelle Rundreise beginnt in Buenos Aires. Elsa schlägt sich mit Gelegenheitsjobs durch. Sie macht Umfragen, verteilt Luftballons usw. Alles mehr oder weniger sinnlos, es bringt aber Geld, wenn auch nicht viel. Sie lernt Candy, einen Italiener, kennen, der genauso heißt wie eine Waschmaschinenmarke. Candy symbolisiert Elsas Traum von einem besseren Leben in Europa, so wie die Waschmaschine "Candy" den Traum vom Wohlstand in Argentinien.
Elsas Leben in der sehr europäisch wirkenden Metropole Buenos Aires ist unspektakulär. Sie arbeitet, feiert, trifft sich mit Freunden, ihrer Familie, ihrem Freund. Sie hat Spaß, sie liebt, sie streitet sich, hat Probleme mit ihren Jobs usw. Alles irgendwie sehr normal. Aber auch sehr prekär. Sie lebt von einem Tag auf den anderen, ohne jede Sicherheit.
Im Gegensatz zu vielen ihrer Landsleute, die ebenso prekär leben, begehrt sie nicht auf. Die Demonstrationen, Cazerolazos, Streiks und Straßenblockaden lassen sie kalt. Auf ein besseres Leben in Argentinien hofft sie nicht mehr. Als sie mit ihrem Freund durch eine demonstrierende Menge geht, nimmt sie noch nicht einmal die Flugblätter, die man ihr hinhält. Ganz anders ihr Großvater, ein alter Linksradikaler, der sich aus Begeisterung über die Rückkehr der "alten Ideen" den Protesten anschließt.
Elsa fährt schließlich nach Italien, wo sie Candy aber nicht findet. Ob Elsa ihren Traum vom individuellen Glück in Europa wahr machen kann, bleibt ebenso offen wie die Frage, ob ihr Großvater in Argentinien etwas für das kollektive Glück erreichen kann. Genauso offen ist die Situation in Argentinien und der ganzen Welt. Ein erfreulich unpathetischer Film über das einfache Leben mit seinen Hochs und Tiefs, der zwar in Argentinien und Italien spielt, aber universal gültige Aussagen über die Notwendigkeit und Ungewissheit des menschlichen Strebens nach Glück macht.
Der Film läuft seit dem 23. Januar 2003 in der BRD in diversen Programmkinos, ab dem 17.4. im Filmhaus in Köln, Maybachstr.111.

Andreas Bodden

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