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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Juni 2003, Seite 7

Hochschulproteste in Berlin

In den Universitäten brodelt es

Im Jahre 2005 laufen in Berlin die aktuellen Hochschulverträge aus. Bei den Vorverhandlungen stellte der Senat in Aussicht, bei den Universitäten Einschnitte in Höhe von 100 bis 300 Millionen Euro vorzunehmen. Finanzsenator Sarrazin sprach, gemäß seiner Rolle als "Buhmann" der Stadt, sogar von 600 Millionen Euro Einsparung. Bei einem Gesamtjahreshaushalt der drei Berliner Universitäten von 750 Millionen Euro kommt das einer Zerstörung der Hochschullandschaft gleich.
Allein eine Einsparsumme von 100 Millionen Euro bedeutet den Abbau von 2500 Personalstellen. Wowereit spricht schon offen von der Einführung genereller Studiengebühren ab dem ersten Semester. Die Präsidenten kündigten als Reaktion auf die Vorhaben des Berlinder Senats ebenfalls drastische Maßnahmen an wie z.B. einen flächendeckenden Numerus Clausus für alle Fächer, die Schließung des Botanischen Gartens und gar einen Immatrikulationsstopp an der HU.
Für uns ist klar, dass solche Pläne nicht ohne Widerstand hingenommen werden. Die Stimmung bei den Beschäftigten ist auf dem Nullpunkt. Studierendenversammlungen und Spontandemonstrationen mit einigen tausend Teilnehmenden machen deutlich, dass sich hier einiges an Konflikt- und Widerstandspotenzial zusammen braut.
Allerdings gibt es auch innerhalb der Studierendenbewegung unterschiedliche Positionen. Da sind zum einen diejenigen, die das Geldproblem durch Umschichtungen innerhalb der Universitäten lösen wollen. Diese Position ist bei all dem Gezeter von leeren Kassen zwar verständlich, angesichts der Einsparsummen aber kaum realistisch.
Einige radikale Vertreter aus den Asten konzentrieren sich darauf, die Hochschulpräsidenten zu bekämpfen, weil die zwar gegen die Kürzungen sind, jedoch nicht gegen Studiengebühren. Sie beginnen gerade erst zu begreifen, dass sich nun der Schwerpunkt weg von den inneruniversitären Auseinandersetzungen bewegt. Einige Studierendenvetreter befürchten mit Recht, dass das Finanzproblem vor allem über die Studiengebühren gelöst werden soll.
Wichtig wäre es hierbei, ein klare und unabhängige Artikulation der Forderungen durch die Studierenden zu erreichen, z.B. nach einem Verbot von Gebühren. Außerdem ist die Verbindung mit anderen gesellschaftlichen Gruppen, Organisationen und Bewegungen in der Stadt wichtig.
Es besteht eine große Nachfrage nach grundlegenden Erklärungen. Dabei sollten wir uns nicht nur auf Agitation beschränken, sondern vor allem den Aktiven, den "Kadern der Bewegung", mehr über die Rolle der Studierenden in der kapitalistischen Gesellschaft vermitteln, um sie mit inhaltlich neuen Ideen voran zu bringen.
Die soziale Stimmung in der Stadt ist außerordentlich angespannt. Aufgrund der Haushaltsnotlage sind fast alle von den drastischen Kürzungen betroffen: die Kindergärten und Schulen, Krankenhäuser, Bibliotheken, Bäder... usw.
Es wurde sogar versucht, den Ver.di-Tarifvertrag einseitig aufzukündigen. Über die Rechtmäßigkeit dieser Vorgänge wird noch vor den Gerichten gestritten.
Eine massive Protestwelle an den Universitäten würde sicherlich auch andere Betroffene in der Stadt mitreißen. Damit könnte Dampf im Klassenkampf gemacht werden, gegen die Bürokraten, die versuchen, die Bewegung auf den Straßen zu bremsen und zu sabotieren, weil sie ihren bevorzugten Platz am Tisch der Bosse krampfhaft bewahren wollen.
Ziel muss es aber sein, endlich die Notbremse zu ziehen und den ganzen Zug in die entgegengesetze Richtung weiter fahren zu lassen. Am 21.Mai rufen die Asten und die Landesschülervertretungen zu einer Demonstration auf unter dem Motto: "Für eine offene Uni! Kein Sozialabbau — nirgends!"

Uwe Lorenz

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