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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Juni 2003, Seite 11

Welche Kampfstrategie?

Gespräch mit Annick Coupé

Annick Coupé ist Sprecherin der G10 — der Gruppe der 10 Gewerkschaften, die außerhalb der Dachverbände CGT und CFDT für einen klassenkämpferischen Kurs stehen. Zu ihr gehören die SUD-Gewerkschaften, aber auch die Lehrergewerkschaft FSU. Mit Annick Coupé sprach die französische Wochenzeitung Rouge.

Ihr seid die einzigen, die einen unbefristeten Streik vorschlagen…

Alle haben allmählich begriffen, was die Regierung wirklich im Schilde führt. Und dass wir nicht bis zur Parlamentsdebatte im Juni warten können, um zu reagieren. Alles entscheidet sich in den kommenden Wochen. Deshalb haben wir den Vorschlag eines unbefristeten Streiks aufgebracht. Den können wir aber nicht einfach beschließen. Den müssen wir in den Betriebsversammlungen und mit den anderen Gewerkschaften diskutieren.
Abgesehen von der FSU, die für einen solchen Streik eintritt, vor allem an den Grundschulen, reden die Dachverbände der Gewerkschaften kein Wort davon. Die Eisenbahner diskutieren darüber, die Finanzbeamten, auf der Grundlage eines einheitlichen Aufrufs. Die Dinge reifen heran, und deshalb haben wir die Initiative ergriffen und den Vorschlag in die Debatte geworfen. Nicht als Losung, die von oben kommt, sondern damit unsere Gewerkschafter in die Offensive kommen, wenn sie mit den Beschäftigten und den anderen Gewerkschaften diskutieren.

Wie lässt sich die Kluft zwischen den Beschäftigten im Privatsektor und denen im öffentlichen Sektor überwinden?

Der Bruch ist nicht vollständig. Mit 42 Beitragsjahren sind auch die Beschäftigten in der Privatwirtschaft eindeutig betroffen. Das heißt aber nicht, dass sie im Kampf an der Spitze stehen werden. Daraus kann man aber nicht schlussfolgern, dass sie einfach abwarten werden, natürlich auch nicht, dass sie dieselbe Kampfkraft wie die im öffentlichen Dienst entfalten werden. Die Streikbedingungen sind in der Privatwirtschaft schwieriger.
Wir können in die Situation kommen, dass der öffentlichen Dienst in die Offensive geht, und die Privatwirtschaft sich an Demonstrationen beteiligt. Für den Aufbau der Bewegung brauchen wir beides: den unbefristeten Streik, aber auch große allgemeine Versammlungen. Wenn der Streik anhält, brauchen wir zwischen dem 13.Mai und dem 25.Mai ein weiteres Datum. Wenn als nächstes Datum erst der 25.Mai angestrebt wird, fürchte ich, dass einige das als Beerdigung erster Klasse verstehen. Die Lehrer dürfen auch nicht allein bleiben.

Hat die Kaltstellung der G10 durch die anderen gewerkschaftlichen Dachverbände nicht zugenommen? Fordert ihr, an den gemeinsamen Gewerkschaftsterminen beteiligt zu werden?

Ja. Wir sind im Februar eindeutig ausgegrenzt worden. Wir hatten gefordert, uns mit allen Gewerkschaften zu treffen. Zum ersten Mal haben wir uns mit FO getroffen und mit UNSA. Wir haben auch mit der CGT gesprochen. Aber wir haben gespürt, von dem Moment an, wo die CFDT mit von der Partie war, wurden wir ausgegrenzt. Die CGT hat gesagt, sie wolle den nationalen Rahmen respektieren.
Am 1.Mai standen wir in vielen Städten unter dem gemeinsamen Aufruf. Trotzdem hatten wir das Gefühl, in Sachen Rente als Störenfriede zu gelten. Wir sind die einzigen, die die Idee eines unbefristeten Streiks vortragen. Das alles greift in Debatten ein, die derzeit in der CGT stattfinden. FO hingegen reagiert mit mehr Aufmerksamkeit auf die Angebote zur Einheit und spricht auch vom unbefristeten Streik.

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