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Die beiden anderen Parteien der "Viererbande" in der schottischen politischen Landschaft, die mit der Labour Party
koalierenden Liberal Democrats und die Konservativen, verloren keine Prozentpunkte, legten aber auch nicht zu.
Das bedeutendste Ergebnis der Wahlen war der Durchbruch von kleinen unabhängigen
Parteien links von der Labour Party, insbesondere der Scottish Socialist Party (SSP), einer in den letzten Jahre neu formierten Kraft der radikal
antikapitalistischen Linken.
Mit 7,5% der Stimmen hat die SSP sechs Sitze im Parlament erobert. Die Grünen haben
sieben Abgeordnete. Dazu kommen vier linke Unabhängige. Ein weiteres Zeichen für die wachsende Ablehnung der etablierten Parteien war die
geringe Wahlbeteiligung von 48% der Wahlberechtigten.
Der Durchbruch der SSP fand am meisten Beachtung. Eine Glasgower Tageszeitung titelte:
"Die SSP wird zur landesweiten Kraft". In Wirklichkeit war das die SSP schon vorher, sowohl auf dem Feld der sozialen Mobilisierungen wie in der
in Schottland sehr starken Antikriegsbewegung. Schon bei den ersten Wahlen zum schottischen Parlament im Jahr 1999 war die erst einige Monate davor ins
Leben gerufene SSP für eine Überraschung gut. Bei nur 2% im landesweiten Durchschnitt erreichte die Partei damals in Glasgow 7,24% und ein
Abgeordnetenmandat. Ihr Abgeordneter Tommy Sheridan wurde rasch zum Sprecher "derer da unten", er machte sich im Parlament zum Sprachrohr
aller Bewegungen mit emanzipatorischer Tendenz.
Mit 16% der Stimmen eroberte die SSP in Glasgow zwei Wahlkreismandate; vier weitere
wurden über die Listen gewählt. Neben Tommy Sheridan sind Rosie Kane, Frances Curran, Colin Fox, Carolyn Leckie und Rosemarie Byrne
für die SSP ins Parlament eingezogen. Vier Frauen und zwei Männer: das ist kein Zufall. Die Partei hatte sich das Ziel der Geschlechterparität
bei den Mandaten gestellt und deshalb vier Frauen und vier Männer für die Spitzenplätze der Listen in den acht Regionen nominiert. In den
Wahlkreisen von Glasgow erhielt die SSP zwischen 10 und 16% der Stimmen (28% im Wahlkreis von Tommy Sheridan), im "Arbeitergürtel"
im Landesinneren zwischen 7 und 10%. In keiner Region landete sie unter 4%, in keinem Wahlkreis unter 2%.
Die SSP hat landesweit 80 Ortsverbände, vor allem aber nicht nur in den
Arbeitervierteln der Landesmitte. Auf den Shetland-Inseln erhielt sie 9% der Stimmen (11% auf den benachbarten Orkney-Inseln), und selbst in der Grenzregion
zu England errang sie ein Mandat.
Die bürgerlich-nationalistische SNP gehört zu den großen Verlierern der
Wahl. Anfang der 90er Jahre hatte sie unter der Führung von Alex Salmond eine eher linke Position eingenommen und begonnen, der Labour Party
Wähler abzujagen. Danach schwenkte sie jedoch wieder nach rechts, vor allem anlässlich der Wahlen von 1999, die sie entgegen ihren Erwartungen
nicht gewann. In Fragen wie Privatisierung der Dienstleistungen oder Krieg steht sie immer noch links von Labour.
Mit dem Aufstieg der SSP ist ihr jedoch eine ernsthafte Konkurrenz auf ihrer Linken erwachsen. Die SSP erscheint als die Partei, die in der Lage ist, vor
allem die unteren Wählerschichten für eine linke Alternative zu Labour zu gewinnen.
Andererseits ist die SNP auch nicht in der Lage, zur Trägerin eines Projekts für ein
neoliberales Schottland zu werden, wie ihr rechter Flügel das gerne möchte nach dem Vorbild Irlands, das mit einer massiven Deregulierung
von Wirtschaft und Arbeitsmarkt erfolgreich ausländisches Kapital angezogen hat.
Vor 103 Jahren gründeten die britischen Gewerkschaften die Labour Party, um den
Interessen der Lohnabhängigen eine politische Vertretung zu geben. Die meisten Gewerkschaften sind bis heute Mitglied der Labour Party. Doch wird
diese Bindung zunehmend in Frage gestellt.
Die Feuerwehrleute z.B. hatten schon vor ihrem jetzigen Streik einen Beschluss gefasst, der
ihnen erlaubt, Kandidaten aus anderen Parteien zu unterstützen, wenn deren Programm den Zielen der Gewerkschaft entspricht.
AndereGewerkschaften überdenken die Verwendung ihrer politischen
Unterstützungskassen. Auch solche, die ihre Bindung an Labour noch nicht in Frage gestellt haben, haben ihre Beitragszahlungen an die Partei reduziert
(die britischen Gewerkschaften sind kollektiv Mitglied bei Labour). Und der Prozess der Entfremdung wird sich trotz des Widerstands einiger
Gewerkschaftsapparate fortsetzen.
Die SSP fördert diesen Prozess nach Kräften. Seit drei Jahren führt sie eine
Kampagne unter der Losung "Make the break". Viele Gewerkschaftsaktive, auch solche in verantwortlichen Positionen, haben für die SSP
kandidiert, einschließlich einiger Feuerwehrleute, die derzeit in einem harten Konflikt mit der Regierung Blair stehen.
Die SSP hat sich auf der Welle eines radikalen Bruchs mit der sozialliberalen Linie von New
Labour unter Tony Blair herausgebildet; sie orientiert auf den Kampf für ein unabhängiges Schottland und eine sozialistische Perspektive. Einer der
Gründe für die Bildung der Scottish Socialist Alliance 1996 (die Vorläuferin der SSP bis 1998) war zu verhindern, dass die SNP den
Hauptgewinn aus der Abwendung der traditionellen Wählerschaft von Labour zieht. Das macht sich jetzt bezahlt.
Die SSP trennen in Glasgow nur noch 4000 Stimmen vom zweiten Platz, den die SNP
einnimmt; sie hat alle Chancen, im Arbeitergürtel des Landes die SNP zu beerben und in die ländlichen Bezirke abzudrängen. In den
kommenden Jahren könnte die SSP die SNP sowohl auf dem sozialen wie auf dem nationalen Gebiet schlagen. Aktive Mitglieder vom linken Flügel
der SNP wechseln jetzt schon häufig zur SSP über.
Aber die wichtigste Herausforderung für die SSP besteht darin, die Labour Party als die
Hauptpartei der Arbeiterklasse in Schottland zu verdrängen. Das ist eine längerfristige Aufgabe. Ein Stück Weg hat sie schon
zurückgelegt: Mitglieder der radikalen Linken, des linken Flügels von Labour, der SNP oder aus der Umweltbewegung standen Pate bei der
Gründung der SSP. Nun gilt es, daraus nicht eine Partei der extremen Linken, sondern eine antikapitalistische Massenpartei zu machen. Die Beziehung zu
den Gewerkschaften wird dafür entscheidend sein.
Murray Smith
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