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Das Thema »EU-Beitritt der Türkei« kocht derzeit bei der Union wieder hoch. CSU-Stoiber hat versprochen,
mit dem Nein dazu den Europa-Wahlkampf zu bestreiten. Und Karl Feldmeyer in der FAZ freut sich, damit erhielten die deutschen Wähler
»erstmals die Möglichkeit, zu einem konkreten Vorhaben der EU Stellung zu nehmen«, quasi als Referendum.
Das wichtigstes Argument der Konservativen heißt: Die Türken gehören
nicht zur EU. Erstens liegt die Türkei nicht in Europa (aber Malta?), und sie gehört nicht zur europäischen Zivilisation, weil sie »Teil
der islamischen Kultur« ist. Es lohnt sich, das Argument mit einem Blick auf die Geschichte zu hinterfragen. Kulturell werden die alten Griechen und das
Römische Reich zur europäischen Zivilisation gezählt, obwohl beide Territorien umfassten, die nach CDU-Definition »nicht in Europa
liegen«. Nordeuropa war damals noch eine Ansammlung wilder Stämme. Nach dem Zerfall des Römischen Reichs gründete sich in
Konstantinopel ein Oströmisches Reich, das 1000 Jahre lang ein wichtiger Bezugspunkt für die orthodoxe Christenheit war, Zentrum der
europäischen Kultur mit großer Ausstrahlung auf die westlicheren Teile Europas. Der Begründer der Academie der Medici in Florenz, die
Denkfabrik der Renaissance, kam aus Konstantinopel; die Orgel, christliches Musikinstrument, stammt von dort ebenso wie die Notenschrift; und der deutsche
Kaiser entlehnte aus dem Osten seine Reichsinsignien. Der erste Bibelübersetzer Wulfila hatte eine Mutter aus Kappadokien, dem heutigen
Türkisch-Kurdistan. Und die Türkei ist eher ein laizistischer Staat als Griechenland.
Tatsache ist, dass der Versuch, Ostrom aus Europa zu verbannen, auf die Kreuzzüge der
katholischen Kirche zurückgeht, die vor keinem Krieg zurückgeschreckt hat, um den Einfluss des orthodoxen Christentums zu schwächen und
Konstantinopel zu Fall zu bringen. Nur in dieser Tradition kann man sagen: Die Türkei gehört nicht zu Europa.
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