SoZ Sozialistische Zeitung |
Das Bundesministerium für Wertschöpfungsgemeinschaft ist schon unter seinem früheren Namen
Wirtschaftsministerium immer fest in der Hand der großen Stromversorgungsunternehmen gewesen. Das hat sich mit der Amtsübernahme durch
Clement und die Anbringung des zweiten Türschilds »Arbeitsministerium« nicht geändert. Denkmodelle aus den Konzernzentralen von
EON und Konsorten finden deshalb immer den kürzesten Weg zur Verwandlung in Tischvorlagen des Ministeriums. So dürfen die neue
Aktionseinheit von Industriebossen und Minister gegen die Wind- und andere »erneuerbare« Energie und die Planungen zur Beendigung des
angeblichen Ausstiegs aus der Atomenergie nicht verwundern. Der publikumswirksame Stromausfall in den USA brachte zufällig auch noch ein
wagnerianisches Bühnenbild für entsprechende Initiativen. Der »Ausstieg« aus der Atomenergie war immer nur eine
betriebswirtschaftlich unbedenkliche, höchstens noch taktisch motivierte Pseudoregelung mit der Regierung. Wenn die Profite wieder locken, sind die
Abmachungen keinen Pfifferling wert, das werden insbesondere die Grünen noch erfahren.
Zur Runde aus Politik und Kapital gesellt sich neuerdings auch wieder eine lustige
Bruderschaft, die als Phantom der ML-Oper auch schon seit 1969 mit skurrilen Botschaften be- und entgeistert. Die Gruppe Neue Einheit, früher KPD/ML
(Neue Einheit), sah in der Verteidigung der »großen Technik«, inkl. der Atomenergie, bereits seit langem eine ihrer Hauptaufgaben. Aus
Anlass des New Yorker Blackouts präsentierte die Gruppe einen ihrigen:
»Wir haben hier aber seit langem eine andere Energiedebatte gehabt, die in einem
deutlichen Widerspruch dazu steht. Bei uns wurde lange Zeit gefordert, dass der ›Energieüberhang‹ verschwindet. Eine zentrale Losung
der Anti-AKW-Ideologen war, den ›Energieüberhang‹ zu streichen, dann könne man sich die Kernenergie sparen. ›Energie
sparen‹ war die zentrale Losung aller bürgerlichen Parteien und wurde es auch eine Zeit lang bei den Gewerkschaften.« Und dem, nein der
großen Ver.di wird vorgehalten: »Ist nicht an eurer Spitze selbst ein Grüner, Mitglied der Partei, die jahrzehntelang als zentrale Losung
vertreten hat, man müsse die Energie verknappen und die Arbeitskraft verbilligen? … Habt ihr, die Grünen in Ver.di und ideologisch
verwandte Kräfte, nicht die Forderung nach der schnellen Abschaltung der Kernenergie unterstützt? Seid ihr nicht an der Demontage der
Kernenergie mit all ihren Konsequenzen aktiv beteiligt?«
Jetzt müsse Schluss sein mit den reaktionären Energiespargesetzen. »Die
Industriegesellschaft braucht Energie jedenfalls in einem gewissen Überfluss und Überhang, das muss als Prinzip festgeschrieben werden.«
Und als herrliches Fazit: »Die Beherrschung der Natur aber ist die Grundlage des sozialen Emanzipationsprozesses des Menschen, die Grundlage seiner
Freiheit diesen elementaren Gedanken, den der Sozialismus frühzeitig übernahm, haben diese Leute vergessen.«
Bei den Hardcore-MLern der Neuen Einheit kommt der Strom aus der Dose, das scheint klar zu
sein. Aber große Erleuchtung ihrer Hirne kam dennoch nicht zustande. Ohne Atomenergie gehen bei uns die Lichter aus: der Filbinger hatte seinerzeit um
dem vom Kampf gegen das AKW in Wyhl aufgebrachte Volk mal eine Harke zu zeigen, auch mal dem Stuttgarter Fußballstadion den Saft abgedreht, dem
Eberle Profitstreberle , dem damaligen Wirtschaftsminister in Baden Württemberg, gabens die Wyhler Bauern mit der
Hochdruckgüllespritze.
Vielleicht sollte die Neue Einheit diese und viele andere Atommafiosi in ihre
Märtyrerahnenreihe aufnehmen. Oder sie feiert den Jahrestag der legendären »Großmobilisierung« der deutschen
Stromgewerkschaften mit ihren Betriebsräten aus dem »Aktionskreis Energie«, damals ÖTV, BSE, Chemie, 1977 im Stadion Rote Erde,
für den Ausbau der Atomenergie als Highlight des westdeutschen Klassenkampfs und Zeiten noch echter Stärke der Gewerkschaften. Und wenn sie
nicht gestorben sind, spinnen sie auch noch in weiteren fünfundzwanzig Jahren.
Thies Gleiss
Informationen und Meinungen sollten keine Waren sein. Und Geld ist ein Fetisch.
Dennoch und ganz praktisch: Die Online-SoZ sieht nur umsonst aus. Wir brauchen Eure Euros.
Spendet steuerlich abzugsfähig!
VsP, Postbank Köln, BLZ 370100 50,
Kontonummer 603 95 04