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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, November 2003, Seite 4

Der übergangene NGG-Gewerkschaftstag

von Jakob Moneta

Nicht nur die heftigen Angriffe auf die als »Reform« ausgegebene asoziale Politik der »rot- grünen« Regierung, sondern auch alles, was zur Globalisierung auf dem 14.Gewerkschaftstag der NGG gesagt worden ist, hätte die Aufmerksamkeit unserer Medien verdient. Aber allzuoft wird in unserer Informationsgesellschaft von Journalisten unter den Tisch gefegt, was ihnen politischen Ärger bereiten könnte.
Der NGG-Vorsitzende Franz-Josef Müllenberg fand eine mit Attac geführte Diskussion »mehr als bemerkenswert«, nannte sie gar einen Höhepunkt des Kongresses und dankte der Jugend, dass sie über diesen Weg das Globalisierungsthema zum Kongressthema gemacht hat.
Auch die Gewerkschaftsinternationale IUL war vertreten, die global mehr als 10 Mio. Mitglieder in 334 Mitgliederverbände in 124 Ländern — darunter auch die NGG — vertritt. Ihr Generalsekretär Ron Oswald prangerte die schamlose Anhäufung von Reichtum bei zunehmender Verarmung der Armen als Folge der Globalisierung an. Die Reichen würden diese Macht niemals freiwillig aufgeben, sagte er. Aber ebenso wie die Arbeiter in Europa vor vielen Jahrzehnten ihre lokalen Bosse zwangen, zumindest einen Teil ihrer Macht aufzugeben, müssen wir unsere globale Stärke entwickeln, um sie dazu zu zwingen. Das mag heute vielleicht als unlösbare Aufgabe erscheinen, so wie damals, als es unmöglich schien, eine menschenwürdige Behandlung durch die Bosse zu erreichen.
»Es gibt zahllose weitere Beispiele dafür, wie wir mit unlösbaren Aufgaben fertig geworden sind. Mit dieser Aufgabe ist es nicht anders. Die Opposition ist heute globaler, das stimmt. Aber auch wir sind global und wir können sogar noch globaler werden«, erklärte Ron Oswald und erntete hierfür Beifall.
Die Delegierten gingen nicht sehr vornehm mit denen um, die als Regierungsvertreter den Gewerkschaftstag besuchten, oder besser heimsuchten. Manfred Strater aus Dortmund eröffnete seinen Diskussionsbeitrag, indem er der Ministerin Renate Künast die Meinung des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands über die Agenda 2010 zitierte. Sie sei »der massivste sozialpolitische Kahlschlag seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland«.
Neben anderen war es erneut Jürgen Hinzer, der sich nicht scheute, deutlich zu sagen: »Dieser Kongress war eine Anklage gegen das kapitalistische Wirtschaftssystem. Ich war in Genua, wo der Sohn des Gewerkschaftssekretärs Gilano von der Polizei ermordert worden ist. Das war die Gewalt, die nicht von den Globalisierungsgegnern ausgegangen ist. Ich war enttäuscht, dass führende Gewerkschafter bei uns immer noch Berührungsängste haben. Ich hätte mich gefreut, wenn Michael Sommer in Genua an der Spitze gewesen wäre. Ich kenne auch noch die Diskussion: Das passt dem Kanzler nicht. Aber es ist uns doch schnurzegal, was dem Kanzler passt (starker Beifall) oder was diesem großen Einserjuristen Olaf Scholz passt, der doch hier gestern einen tollen Auftritt hatte, wo doch schon Kurt Tucholsky schrieb: Er war ein Einserjurist und von mäßigem Verstand.« (Große Heiterkeit und Beifall.) »Und jetzt schlagt alle den Kalender auf. Von allen wird Urlaub genommen! Vom 15.November findet im Rahmen des europäischen Sozialforums in Paris eine große Demonstration an den Stätten der Pariser Kommune statt. Und es ist schön, wenn die Urenkel von Karl Marx und der Kommunarden gemeinsam in Frankreich demonstrieren.«

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