SoZ Sozialistische Zeitung

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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, November 2003, Seite 4

Mindestens Mindestlohn!

Tarifergebnis der IG BAU in Gefahr

von Klaus Schilp

In der Oktoberausgabe der Mitgliederzeitschrift der IG BAU (Bau Agrar Umwelt) wirbt ein kämpferischer Artikel mit der Überschrift »Weniger ist unanständig« für den Erhalt des erstreikten Mindestlohns II für Baufacharbeiter und Mindestlohns I für Bauhelfer, der ab dem 1.9.03 gezahlt werden sollte. »Weniger als der Mindestlohn darf auf deutschen Baustellen nicht bezahlt werden. Wenn das trotzdem geschieht, ist das illegal. Und asozial. Lohndumping ist kriminell, gehört angezeigt und bestraft.«
Der Mindestlohn gilt per Rechtsverordnung des Bundeswirtschafts- und -arbeitsministers für alle in- und ausländischen Baubetriebe, die im Bundesgebiet arbeiten. So weit so gut.
Am 16.Oktober allerdings, kaum dass die Kollegen den Grundstein in der Hand hielten, wurden sie von den bürgerlichen Tageszeitungen ganz anders informiert. Was am 1.Oktober noch als illegal, asozial und kriminell gebrandmarkt worden war, wurde in neunstündigen Verhandlungen der Tarifparteien im Bundeswirtschaftsministerium illegal heruntergekürzt: Der Mindestlohn II wurde von 10,10 Euro auf 9,65 Euro für ostdeutsche Facharbeiter runtergehandelt. Ungeschoren blieb der Facharbeiterlohn II für die westdeutschen und Berliner Kollegen bei 12,47 Euro bestehen. Die Kluft zwischen Mindestlohn Ost, der zu 90% gezahlt wird, und dem Normaltarif West von 14,48 Euro wird damit immer weiter ausgedehnt. Hinzu kommt, dass viele ostdeutsche Baufacharbeiter als Bauhelfer entlohnt werden. Die ostdeutschen Baubeschäftigten, die im vergangenen Jahr den Mindestlohn mit erkämpft hatten, sind jedoch nicht gefragt worden; sie können das nur als Schlag ins Gesicht werten. Am 29.10. wird über das Verhandlungsergebnis endgültig entschieden. Werden die Teilnehmer der Lohnsenkungsrunde jetzt angezeigt und bestraft, wie es der oben genannte Artikel gefordert hat ? Wohl kaum.
Den rapiden Mitgliederschwund werden solche Kniefälle vor der Unternehmerlobby nicht stoppen können. So erfreulich es ist, dass Teile der IG BAU sich an der Demonstration gegen den Sozialraub am 1.November beteiligen — die Politik des Vorstands schwächt die angeschlagene Gewerkschaft weiter.

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