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Die jahrelange Unterstützung für den Neoliberalismus durch die von der bürgerlichen Acción
Democrática beherrschte Gewerkschaftszentrale CTV gipfelte in der Verwicklung dieser Organisation in den rasch niedergeschlagenen Putsch vom April
2002 gegen Präsident Hugo Chávez und der anschließenden Unterstützung der CTV für den Unternehmerverband Fedecamaras
beim sog. Generalstreik im vergangenen Dezember und Januar. Daraufhin wurde im April die UNT gegründet, um den Arbeitenden wieder eine Stimme
und ein Instrument ihrer Kämpfe zu verschaffen.
Der erste Kongress führte mehr als 1300 Teilnehmende zusammen, die über 120
Gewerkschaften und 25 regionale Föderationen repräsentierten, um die allgemeinen Konturen des neuen Verbands zu bestimmen seine
internen Statuten, Wahlregularien, Verhaltenskodizes, Grundprinzipien sowie sein Aktionsprogramm.
Die größte Ubereinstimmung und die leidenschaftlichste Debatte gab es bezüglich der Prinzipien und des Aktionsplans. Aus der
Arbeitsgruppe zu den Prinzipien kam die eindeutige Forderung der Verwandlung der »kapitalistischen Gesellschaft in eine sich selbst verwaltende
Gesellschaft« und eines »neuen Modells antikapitalistischer und autonomer Entwicklung, welche die Menschen von Klassenausbeutung,
Unterdrückung, Diskriminierung und Ausgrenzung befreit«. Diese Erklärung für eine autonome, demokratische, solidarische und
internationalistische, unabhängige und umfassende, die gesamte Arbeiterklasse repräsentierende Bewegung mit Gleichberechtigung für
Männer und Frauen wurde von allen auf der Vollversammlung Anwesenden begrüßt. Mehrfach wurde die Losung skandiert: »Die
Arbeiterklasse vereint wird niemals besiegt werden!«
Die Bedeutung vieler dieser Prinzipien wurde bei den in das Aktionsprogramm
aufgenommenen Punkten deutlich. Während die Teilnehmenden unzweideutig viele der Initiativen der Regierung Chávez unterstützten (z.B.
das Alphabetisierungsprogramm, die Arbeit kubanischer Ärzte in den Armenvierteln, den Wohnungsbau, das Gesetz gegen Entlassungen und die
Ablehnung des lateinamerikanischen Freihandelsabkommens ALCA), ging ihre Haltung zur Verstaatlichung der Banken, zur Auslandsschuld, zur Arbeitszeit
sowie zu anderen Punkten weit über die aktuellen Positionen der Regierung hinaus. Darüber hinaus zeigte sich die Unabhängigkeit der UNT
in ihrer entschiedenen Haltung gegenüber einzelnen Ministerien so forderte sie vom Arbeitsministerium die Entlassung arbeiterfeindlicher
Arbeitsinspektoren und vom Gesundheitsministerium die Ausrufung des nationalen Gesundheitsnotstands und in ihrem Aufruf zu Reformen der
staatlichen Verwaltung (zur »Schaffung der Revolution innerhalb der Revolution«).
Weniger Übereinstimmung gab es jedoch bezüglich der internen Statuten und der
Wahlverfahren. Einigen ähnelten die Statuten zu sehr denen der CTV, die wegen ihres Mangels an Demokratie und wegen ihrer Korruption
berüchtigt ist. Zu diesen Statutenfragen, die ein großes Spaltungspotenzial in sich bargen, traf der Kongress eine wichtige Entscheidung: Sie wurden
an die Einzelgewerkschaften zurück verwiesen, damit an der Basis eine vollständige Debatte erfolgen kann. Gleiches wurde hinsichtlich der
Wahlverfahren beschlossen.
Der erste Kongress der UNT endete mit der Verabschiedung einer Erklärung, die die
US-Invasion in Afghanistan und im Irak ebenso verurteilte wie den Plan Colombia. »ˇHasta la victoria siempre!« Che Guevaras Motto
war hier wie bei anderen Tagesordnungspunkten zu hören.
Der UNT-Kongress war ein bedeutender Schritt im Prozess der Abwendung von der »Achse des Bösen«, wie die Arbeitsministerin
María Cristina Iglesias das Bündnis aus Fedecamaras und CTV nannte. Aber er war kein vollständiger Erfolg. So beschloss kurz vor Beginn
des Kongresses das provisorische Leitungsgremium der UNT, dass der Gewerkschaftsverband CUTV, der dem Weltgewerkschaftsbund (WGB) angehört
und von Beginn an der Schaffung der UNT beteiligt war, sich nicht mit seinen regionalen Organisationen anschließen könne. Das führte dazu,
dass die CUTV-Mitglieder dem Kongress fernblieben.
Auffallend war außerdem das Fehlen von Ramón Machuca, dem einflussreichen
Führer der Stahlarbeitergewerkschaft SUDISS, der sich früh aus den Debatten der UNT zurückgezogen hatte und stattdessen die
Notwendigkeit betonte, von Anfang an mehr an der Basis zu arbeiten und im ganzen Land konstituierende Versammlungen der Arbeitenden zu initiieren.
(Vertreter der entschiedensten Pro-Chávez-Elemente in der UNT äußerten den Verdacht, dass es Machuca darum ginge, der Führer des
neuen Verbandes zu werden.)
Am meisten fiel allerdings das Fehlen von Hugo Chávez selbst auf. Er war eingeladen
worden, die Schlusssitzung des Kongresses zu leiten, und die Organisatoren erhofften sich eine Krönung der neuen Organisation durch seine Anwesenheit.
Aber weder er noch der Vizepräsident oder die Arbeitsministerin waren auf dem Kongress erschienen.
Schlechte Koordination? Am darauf folgenden Tag legte die wöchentliche Radio- und
Fernsehsendung des Präsidenten nahe, dass vielleicht mehr hinter Chávez Fehlen stecken könnte. Neben einem Hinweis auf den
Kongress der UNT gratulierte Chávez ausdrücklich Machuca (»ein Freund«) zu seiner Wiederwahl als Stahlarbeiterführer (mit
63% der Stimmen gegen einen rechten Herausforderer). Es schien ein klares Signal dafür zu sein, dass die »Einheit der Arbeiterklasse«
nötig sei und der UNT-Kongress nur als ein erster Schritt in diesem Prozess betrachtet werden sollte.
Es ist allerdings weit mehr erforderlich, um die Arbeiterklasse zu vereinigen, als lediglich die
UNT, die CUTV, Machucas Kräfte und lokale Gruppen, die noch an die CTV angeschlossen sind, zusammenzuführen ein Prozess der am
besten durch gemeinsame Aktionen (z.B. durch die gemeinsame Unterstützung von Beschäftigten, die Betriebe besetzen, welche die Eigner
schließen wollen) erreicht werden kann. Nur 12% der Arbeiterklasse im formalen Sektor Venezuelas gehören zu diesen Gewerkschaften.
Außerhalb von ihnen gibt es eine riesige Anzahl von Armen, die sich in erster Linie mit der Regierung Chávez identifizieren können.
Wenngleich die Orientierung der UNT auf die gesamte Arbeiterklasse durch den Nachdruck
betont wurde, den sie auf die Schaffung von Erwerbslosenkomitees und die Ausgabe von Nahrungsmittelkarten an Pensionäre und Erwerbslose legt, bleibt
die Frage: Wie ist das genaue Verhältnis zwischen den Beschäftigten des formalen Sektors und den etwa 50% im informellen Sektor, zwischen den
in den Gewerkschaften Organisierten und den breiten Massen, die sich in lokalen Gemeinschaften organisieren? Diese Kräfte zusammenzubringen scheint
prioritär, wenn die Arbeiterklasse nicht besiegt werden soll.
Die Realität einer polarisierten Gesellschaft, als die sich Venezuela heute
präsentiert, wurde auf dem UNT-Kongress deutlich. Die privaten Fernsehstationen (die sich im Brennpunkt des letzten Putschs befanden) waren
nirgendwo zu sehen; für ihr Publikum fand der Kongress nicht statt. Die staatliche Fernsehstation fiel durch ihren niedrigen technischen Standard und die
Ausstrahlung von Interviews gerade in den Momenten auf, als auf dem Kongress die wichtigsten Entwicklungen stattfanden. In den Auseinandersetzungen, die
heute in Venezuela stattfinden und bei denen die traditionellen herrschenden Klassen in Konfrontation mit der Regierung Chávez stehen, schafft die
überwältigende Dominanz der Opposition über die Medien eine virtuelle Realität, welche die Vereinigung der Arbeiterklasse zu einem
weitaus schwierigerem Unterfangen macht, als sie es eigentlich sein sollte.
Michael A. Lebowitz
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Dennoch und ganz praktisch: Die Online-SoZ sieht nur umsonst aus. Wir brauchen Eure Euros.
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