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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, November 2003, Seite 21

Gerhard Feldbauer: »Zum Opportunismus in der kommunistischen und sozialistischen Bewegung Italiens. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Erfahrungen für deutsche Kommunisten und Sozialisten«

in: Offen-siv. Zeitschrift für Sozialismus und Frieden, Nr.7, 2003

Wie kommt es, dass in Italien mit seinen starken und radikalen Massenbewegungen die große kommunistische Partei PCI reformistisch degenerierte? Mit dieser Frage beschäftigt sich Gerhard Feldbauer, ehemaliger Italienkorrespondent der DDR-Nachrichtenagentur ADN, in einem Doppelheft »Zum Opportunismus in der kommunistischen und sozialistischen Bewegung Italiens« der »antirevisionistischen« Postille Offen-siv, gedacht offenbar insbesondere als Lehrstück für die seiner Ansicht nach vom »revisionistischen« Bazillus befallene DKP, über deren Führung der Autor sich im Schlusskapitel auslässt.
Für den Weg der PCI in die reformistische Sackgasse hat Feldbauer eine probate Erklärung: Schuld sei der »revisionistische Einfluss« des 20.Parteitags der KPdSU von 1956 gewesen. Den Niedergang der kommunistischen Parteien des Westens führt er ebenso wie das Ende des »realen Sozialismus« im Prinzip auf Verrat zurück. Dauernd wurden die Arbeitermassen von Opportunisten über den Tisch gezogen. Eine Analyse der materiellen Kräfteverhältnisse, der Art, wie kommunistische Parteien auf diese Bezug nahmen, und der Logik, die diese Art der Bezugnahme in reformistische Orientierungen einmünden ließ, findet nicht statt. Treibende Kraft der (KP-)Geschichte sind bei ihm konkurrierende Apparatfraktionen, die sozialen Hintergründe von Massenbewegungen wie der Autonomia operaia und ihres Konflikts mit den etablierten Partei- und Gewerkschaftsbürokratien liegen außerhalb seines Gesichtsfelds.
So kommt es bei Feldbauer zu keiner mehr als oberflächlichen Einlassung auf das heutige Wirken von Rifondazione Comunista. Schon die Darstellung einfachster Fakten, personeller und inhaltlicher Zusammenhänge misslingt ihm auf ganzer Linie. Fehler über Fehler, deren Aufdröselung Seiten füllen würde, offenbaren eine Ahnungslosigkeit, mit der der »Italien-Experte« sich restlos disqualifiziert. In Rifondazione sollen ihm zufolge standhafte Leninisten die Urheber des Erfolgs der Partei sein, der durch die Wühltätigkeit von revisionistischen und trotzkistischen Liquidatoren bedroht werde. Dass Gedanken wie die Orientierung auf ein »neues Subjekt« der Partei nicht von irgendwelchen »Revisionisten« aufs Auge gedrückt wurden, sondern viel mit Erfahrungen gerade der italienischen Basisgewerkschaftsbewegung zu tun haben, kapiert der Altstalinist natürlich nicht.
Die herrschende Klasse tut einiges zur Vernebelung der Gehirne — aber das Interesse am Erfolg des Geschäfts zwingt die Journalisten der Monopolbourgeoisie, den Auftraggebern in ihren Hausorganen wie dem Handelsblatt immerhin reinen Wein einzuschenken. Die Art, wie hingegen die letzten Mohikaner der realsozialistischen Glaubensgemeinschaft in einem hermetisch selbstbezüglichen, von jeder sozialen Realität unbeleckten System formelhafter Beschwörungen ihre Selbstverdummung betreiben, legt einen Schluss nahe: Sie wollen und können in Wirklichkeit nichts mehr erreichen. Und das ist gut so. Denn über den Untergang von Staaten, in denen solche Leute das Informationsmonopol hatten, muss man sich nicht wundern.

Henning Böke

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