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Es war die größte Demonstration in der Geschichte des nordrhein-westfälischen Landtags. Am 24.September
2003 protestierten in Düsseldorf mehr als 32000 Angestellte, Arbeiterinnen, Arbeiter und Beamte gegen die von der Landesregierung beabsichtigte
Kürzung des Weihnachtsgelds, gegen die Streichung des Urlaubsgelds und die Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit von derzeit 38,5
auf 41 Stunden.
Tausende von Feuerwehrleuten in voller Montur und Polizisten in Uniform demonstrierten
neben Krankenschwestern, Lehrer, Sozialarbeiterinnen, Verwaltungsangestellten und Gemeindebediensteten gegen die Absenkung ihres Lebensstandards sowie
die Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen. Voller Zorn erinnerten die abhängig Beschäftigten daran, dass sich gerade der Landtag in NRW im
Frühjahr dieses Jahres noch schnell eine ordentliche Erhöhung seiner Abgeordnetendiäten genehmigt hatte.
In erster Linie sind zwar erst einmal die Beamten betroffen, weil deren Besoldung und
Arbeitsbedingungen gesetzlich geregelt sind. Doch Ministerpräsident Steinbrück hatte bereits angekündigt, dass im Anschluss an das
Gesetzgebungsverfahren unbedingt angestrebt werden müsse, die entsprechenden Tarifverträge für Arbeiter und Angestellten so schnell wie
möglich zu kündigen.
Aufgerufen zu der Aktion hatten der DGB und der Deutsche Beamtenbund (DBB). Ein Novum
in der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Ursprünglich hatte der eher konservativ orientierte Beamtenbund allein zu einer Kundgebung
aufgerufen. Der DGB beabsichtigte eine Demonstration am 23.September. Doch starke Kräfte in beiden Organisationen kritisierten diese
Kräftezersplitterung und erreichten ein gemeinsames Vorgehen. In der Tat hätten die Mitglieder beider Organisationen wenig Verständnis
für solch ein Konkurrenzverhalten aufgebracht. Wichtig ist ihnen ein gemeinsamer massenhafter Widerstand gegen die Pläne der Landesregierung.
Die politischen Entscheidungsträger scheinen jegliche Hemmungen verloren zu haben.
Die beabsichtigten Maßnahmen haben für die Betroffenen eine bis zu 10%ige Kürzung ihrer Einkommen zur Folge. Die Erhöhung der
Wochenarbeitszeit auf 41 Stunden bedeutet, dass Tausende von Stellen beim Land und in den Gemeinden eingespart werden. Darüber hinaus werden im
sog. »Düsseldorfer Signal« einem Orientierungstext der rosa-grünen NRW-Koalitionsregierung Einsparungen
prioritär im sozialen Bereich angekündigt: einschneidende Mittelkürzungen bei den Kommunen und den freien Wohlfahrtsverbänden,
die einen massiven Abbau von Arbeitsplätzen zur Folge haben werden.
Der Bereitschaft zum Widerstand ist stark entwickelt. Das ist allein schon daran erkennbar,
dass die Organisatoren der Demonstration eigentlich nur mit knapp 20000 Teilnehmenden gerechnet hatten.
Darauf muss jetzt aufgebaut werden. Es hat sich gezeigt, dass eine klare Haltung der
Gewerkschaften gegenüber der neoliberalen Politik zu beeindruckenden Mobilisierungen führen kann. Das sollten sich vor allem die
Führungen des DGB und der Einzelgewerkschaften hinter die Ohren schreiben, die unter anderem die schwachen Beteiligungen an den Aktionen im Mai
und Juni dieses Jahres dazu nutzten, den Widerstand gegen die Sozialabbaupolitik nur noch auf Sparflamme zu halten. Der vermeintlich fehlende Wille der
Gewerkschaftsmitglieder lag vor allem an der indifferenten Haltung der Gewerkschaftsführungen, die einerseits die Zerstörung des Sozialstaats
anprangern, andererseits aber tunlichst alles vermeiden wollen, was die SPD/Grünen-Regierung in Berlin in Schwierigkeiten bringen kann. Diese
Schaukelpolitik bewirkt aber nur eine Desorientierung der Gewerkschaftsbasis. Notwendig ist in der jetzigen Situation ein konsequenter gewerkschaftlicher
Widerstand, der mit der herrschenden Politik bricht nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Wolfgang Zimmermann
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