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Nach Vietnam zu reisen ist in auch in den USA. Und es sind nicht nur Veteranen oder Familienangehörige von
gefallenen GIs oder junge, blöde Trottel, die auf Ausflügen ihre Reiseführer über Guerillanester im Bergland ausfragen, die nach
Vietnam wollen. Auch diejenigen, die vor 25 Jahren alles in ihrer Macht Stehende getan haben, um ja nicht dieses Land betreten zu müssen, legen heute
8000 Dollar hin, um genau dorthin zu fliegen. Das hat auch Moses Wine vor, der Privatdetektiv in Roger L. Simons Krimi Die Baumkrieger. Seit 1973
beschreibt Simon die Abenteuer des Moses Wine, eines ehemaligen politisierten Hippies der mehr zufällig an seinen Detektivjob kommt und es im Verlauf
der Jahre mit der Schlagzeile »Detektiv des Volkes« auf die Titelseite des Rolling Stone schaffte.
Nun hat Wine es geschafft, er ist der Chef eines mittleren Unternehmens, das
hauptsächlich für Versicherungsunternehmen arbeitet. Zum erfolgreichen Abschluss eines Falls will er mit seiner Freundin nach Südostasien.
Wozu es dann doch nicht kommt.
Sein Sohn wird beschuldigt, als Mitglied einer Ökoterroristengruppe für den Tod
eines Holzfällers verantwortlich zu sein. Obwohl zwischen Vater und Sohn eine gewisse Sprachlosigkeit herrscht und sie sich in den letzten Jahren kaum
gesehen haben, kann er sich nicht vorstellen, dass sein Sohn ihn in politischer Radikalität überholt hat. Der Meinung ist auch seine Ex-Frau
Suzanne, mit der zusammen er in die nordkalifornischen Nebelwälder aufbricht, um die Unschuld von Simon zu beweisen. Doch ganz so leicht ist die
Sache nicht: Ein ganz so braver Kunststudent ist der Zögling wohl doch nicht gewesen und die Geschichte der »Baumkrieger« war von
Anfang an mit Anschlägen verbunden. Egal auf wen sie treffen, ob auf Surffreaks, Ex-Enver-Hoxha-Fans, Kleinstadtjournalisten oder dubiose
Miliziönäre, es wird immer unklarer, wer hier an welchem Rädchen dreht. Gibt es Agent Provocateurs in der Gruppe, werden ihr Sachen von
der Holzindustrielobby untergeschoben oder ist das Cointelpro-Projekt des FBI illegal wieder aktiviert worden? Wem kann man glauben? Einfach ist für
Wine auch nicht das Zusammensein mit seiner geschiedenen Frau, er trauert nach Jahren immer noch um die Trennung, kann sich immer noch nicht
erklären, warum sie ihn verlassen hat und wie sie ihn Jahre lang mit seinem besten Freund betrügen konnte.
Roger L. Simon hat eine recht spannende Geschichte geschrieben, den Reiz erhält sie
allerdings durch die ironische Schilderung seiner Hauptperson, eines im positiven Sinne altmodischen Burschen, der nie ein Hippie war, sondern
sich nur so anzog , der allerdings das Gefühl von Gerechtigkeit ins 21.Jahrhundert hinüber retten konnte. Und der immer noch nicht ganz erwachsen
geworden ist.
Udo Bonn
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