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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Dezember 2003, Seite 22

Neue Perspektiven für die SoZ?

SoZ-Konferenz diskutierte Perspektiven linker Publizistik

Wir leben in einer Zeit des Umbruchs. Damit eröffnete der Politikwissenschaftler Arno Klönne, ein Veteran der deutschen Linken und Herausgeber der Zweiwochenzeitschrift Ossietzki, seinen Gastbeitrag auf einer SoZ-Konferenz der eher ungewöhnlichen Art. Losgelöst vom sonstigen Redaktionsalltag waren Redakteure und Mitarbeiter am 10.November in Köln zusammengekommen, um mit Klönne und dem verantwortlichen Feuilletonredakteur der jungen Welt, Christof Meueler, die Perspektiven linker Publizistik und die sich daraus ergebenden Aufgaben für die SoZ zu diskutieren.
Klönne führte aus, dass die globalisierungskritischen Bewegungen der letzten Jahre, die massive Antikriegsbewegung sowie die politische Erosion der sozialdemokratischen Partei eine historisch neue Situation darstellen. Und er beklagte, dass die deutsche Linke die sich aus dieser Lage ergebenden neuen Möglichkeiten kaum wahrzunehmen vermag. Was es auf der Linken gäbe, sei ein medialer Supermarkt der verschiedensten Periodika: von jenen Blättern, die wie Ossietzki und Freitag mehr als Korrektiv herrschender Medien fungieren, bis zu den Blättern einer überwiegend linken Identitätssicherung, also Zeitungen und Zeitschriften, deren einzig sichtbarer Zweck die Bestätigung der eigenen, vorgefassten Meinung des Bezugsgruppenmilieus oder die Besetzung einer entsprechender Marktnische sei. Was jedoch fehle, sei eine breit getragene und gelesene linke Zeitung, die auf linke politische Strukturen und ein linkes, politisches Eingreifen in einer Form setze, die in der Lage sei, gerade auch jene anzusprechen, die zum einen über Globalisierungs- und Kriegskritik neu politisiert werden und zum anderen über die Erosion von SPD und PDS nach neuer Orientierung suchen. Was deswegen Not tue, sei eigentlich eine neue linke Wochenzeitung — eine Idee, die Klönne sicherlich nicht ohne Hintergedanken in einem Grundsatzbeitrag der letzten SoZ (11/03) vorgestellt hat.
Die SoZ, so Klönne, zeichne sich, gerade im Vergleich mit anderen vergleichbaren Zeitungen, durch einen hohen Realitätsbezug und sinnvolle Ansätze einer kommunikativen Bewegungsorientierung aus, sei aber allzu oft zu insiderhaft »traditionalistisch«.
Aufmachung und Stil standen auch im Vordergrund der Blattkritik des Redakteurs der jungen Welt, Christof Meuelers, der als langjähriger SoZ-Leser zwar deutliche Verbesserungen zu früheren SoZ-Zeiten ausmacht, sich aber allzu oft noch über sperrige und schlecht präsentierte Texte ärgere. Meuelers politisches Herz schlage sicherlich ebenso für die Idee einer neuen linken Wochen- oder Zweiwochenzeitung. Er zeigte sich jedoch ausgesprochen skeptisch über deren Realisierungsmöglichkeiten.
Auch bei den anwesenden SoZ-Macherinnen und -Machern überwog die Vorsicht. Manche stellten gar in Frage, ob die neuen Bewegungen eine für ein neues Zeitungsprojekt ausreichende Homogenität aufweisen und ob hier nicht bspw. das Internet das den neuen Bewegungen entsprechendere Medium sei. Ebenso deutlich war aber auch die prinzipielle Nähe von Klönnes Vorstellungen mit dem traditionellen Selbstverständnis der SoZ. So einigte man sich schnell darauf, zumindest in die Richtung verstärkt weiter zu denken, wie man dazu gelangen kann, die SoZ in redaktioneller wie gestalterischer Hinsicht einem solchen Ideal stärker anzunähern. Denn dass die SoZ trotz aller spürbaren Verbesserungen der letzten Jahre noch keinen ausreichend stabilen Boden für den dringend benötigten neuen Aufschwung besitzt, auch dies wurde unwidersprochen dargelegt.

Christoph Jünke

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