SoZ Sozialistische Zeitung |
Wir leben in einer Zeit des Umbruchs. Damit eröffnete der Politikwissenschaftler Arno Klönne, ein Veteran der
deutschen Linken und Herausgeber der Zweiwochenzeitschrift Ossietzki, seinen Gastbeitrag auf einer SoZ-Konferenz der eher ungewöhnlichen Art.
Losgelöst vom sonstigen Redaktionsalltag waren Redakteure und Mitarbeiter am 10.November in Köln zusammengekommen, um mit Klönne
und dem verantwortlichen Feuilletonredakteur der jungen Welt, Christof Meueler, die Perspektiven linker Publizistik und die sich daraus ergebenden Aufgaben
für die SoZ zu diskutieren.
Klönne führte aus, dass die globalisierungskritischen Bewegungen der letzten
Jahre, die massive Antikriegsbewegung sowie die politische Erosion der sozialdemokratischen Partei eine historisch neue Situation darstellen. Und er beklagte,
dass die deutsche Linke die sich aus dieser Lage ergebenden neuen Möglichkeiten kaum wahrzunehmen vermag. Was es auf der Linken gäbe, sei
ein medialer Supermarkt der verschiedensten Periodika: von jenen Blättern, die wie Ossietzki und Freitag mehr als Korrektiv herrschender Medien
fungieren, bis zu den Blättern einer überwiegend linken Identitätssicherung, also Zeitungen und Zeitschriften, deren einzig sichtbarer Zweck
die Bestätigung der eigenen, vorgefassten Meinung des Bezugsgruppenmilieus oder die Besetzung einer entsprechender Marktnische sei. Was jedoch
fehle, sei eine breit getragene und gelesene linke Zeitung, die auf linke politische Strukturen und ein linkes, politisches Eingreifen in einer Form setze, die in der
Lage sei, gerade auch jene anzusprechen, die zum einen über Globalisierungs- und Kriegskritik neu politisiert werden und zum anderen über die
Erosion von SPD und PDS nach neuer Orientierung suchen. Was deswegen Not tue, sei eigentlich eine neue linke Wochenzeitung eine Idee, die
Klönne sicherlich nicht ohne Hintergedanken in einem Grundsatzbeitrag der letzten SoZ (11/03) vorgestellt hat.
Die SoZ, so Klönne, zeichne sich, gerade im Vergleich mit anderen vergleichbaren
Zeitungen, durch einen hohen Realitätsbezug und sinnvolle Ansätze einer kommunikativen Bewegungsorientierung aus, sei aber allzu oft zu
insiderhaft »traditionalistisch«.
Aufmachung und Stil standen auch im Vordergrund der Blattkritik des Redakteurs der jungen
Welt, Christof Meuelers, der als langjähriger SoZ-Leser zwar deutliche Verbesserungen zu früheren SoZ-Zeiten ausmacht, sich aber allzu oft noch
über sperrige und schlecht präsentierte Texte ärgere. Meuelers politisches Herz schlage sicherlich ebenso für die Idee einer neuen
linken Wochen- oder Zweiwochenzeitung. Er zeigte sich jedoch ausgesprochen skeptisch über deren Realisierungsmöglichkeiten.
Auch bei den anwesenden SoZ-Macherinnen und -Machern überwog die Vorsicht.
Manche stellten gar in Frage, ob die neuen Bewegungen eine für ein neues Zeitungsprojekt ausreichende Homogenität aufweisen und ob hier nicht
bspw. das Internet das den neuen Bewegungen entsprechendere Medium sei. Ebenso deutlich war aber auch die prinzipielle Nähe von Klönnes
Vorstellungen mit dem traditionellen Selbstverständnis der SoZ. So einigte man sich schnell darauf, zumindest in die Richtung verstärkt weiter zu
denken, wie man dazu gelangen kann, die SoZ in redaktioneller wie gestalterischer Hinsicht einem solchen Ideal stärker anzunähern. Denn dass die
SoZ trotz aller spürbaren Verbesserungen der letzten Jahre noch keinen ausreichend stabilen Boden für den dringend benötigten neuen
Aufschwung besitzt, auch dies wurde unwidersprochen dargelegt.
Christoph Jünke
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