SoZ Sozialistische Zeitung

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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Februar 2004, Seite 15

Konferenz in Kairo

Neuer Anlauf für gewerkschaftliche Reorganisierung

Vom 11. bis 13.Dezember fand in Kairo eine Konferenz über »Arbeitsstandards in Zeiten der Globalisierung« statt. Eingeladen hatte die ägyptische Organisation »Zentrum für Gewerkschaften und Dienstleistungen für Arbeitnehmer«. Etwa 100 Personen nahmen an der Konferenz teil, die meisten waren Gewerkschafter aus Ägypten, zum größten Teil Männer, langjährige Veteranen der ägyptischen Arbeiterbewegung. Unter den jüngeren Teilnehmenden waren mehr Frauen. Die meisten Besucher kamen aus Europa, einer aus Südafrika, einer aus Nordamerika.
Schwerpunkt der Konferenz waren die Probleme der arabischen Gewerkschaften, die zwischen der Globalisierung der Ökonomie und der antigewerkschaftlichen Repression in ihren Ländern in die Zange genommen werden. Ziel war, eine Agenda der Zusammenarbeit zwischen den ägyptischen Gewerkschaften aufzustellen.
Es nahmen aber auch Zentren für die Rechte der Arbeiter an der Konferenz teil, die einen regionalen Zusammenschluss vereinbarten, um die Gewerkschaftsbewegung, die am Boden liegt, wieder aufzurichten und zu demokratisieren. Das Netzwerk heißt Arabische Organisation für Arbeiterbildung. Zu den Gründungsmitgliedern gehören Organisationen aus Palästina, Ägypten, Libanon, Jordanien und Marokko. Man bemüht sich auch um die Beteiligung von Organisationen aus dem Irak, Kuwait, Bahrain, Jemen, Tunesien und Mauretanien. In diesem Jahre soll eine größere Konferenz organisiert werden, die Teilnehmenden aus all diesen Ländern zusammenbringen soll.
Ziel der neuen Organisation ist es, Arbeiterinnen und Arbeiter in ihren Rechten zu unterrichten — nach dem nationalen wie dem internationalen Recht —, und sie im Kampf für Demokratie innerhalb der Gewerkschaften zu unterstützen, gegebenenfalls neue Gewerkschaften zu gründen. Den Arbeitenden soll auch soziale und rechtliche Unterstützung angeboten werden, denn die bekommen sie von ihren Gewerkschaften nicht immer. In Amman soll ein Zentrum aufgebaut werden, das gewerkschaftliche Organizer ausbildet.
Die Konferenz eröffnete mit einer Veranstaltung über Globalisierung und Dritte Welt, es wurde über die neue Mobilität des Kapitals und die Rolle der Nationalstaaten diskutiert. Die globalisierte Produktion schafft eine zunehmend segmentierte und ohnmächtige Arbeitskraft, so dass die Arbeiterbewegung neue Bündnispartner braucht: Arbeitende in anderen Ländern der Dritten Welt, Arbeitende in der Ersten Welt, soziale Bewegungen und Verbraucher.
In Ägypten sind viele Arbeiter bei Firmen angestellt, die gerade privatisiert wurden, Subunternehmer für Multinationale Konzerne, auf die die Arbeiter keinen Einfluss und über die sie kaum Informationen haben. Örtliche Gewerkschaften müssen sich plötzlich mit internationalen Fragen befassen und mit Partnern in weit entlegenen Teilen der Welt Kontakt aufnehmen. Die Gewerkschaften sind meistens hochgradig bürokratisiert und interessieren sich für die Belange ihrer Mitglieder nicht, stehen ihnen gar feindselig gegenüber. In der Folgen verlieren die Gewerkschaften Mitglieder und Einfluss.
In der Debatte wurden die Hindernisse für gewerkschaftliche Organisierung in der arabischen Welt und in afrikanischen Ländern benannt: Kenya, Nigeria, Kamerun und Eritrea z.B. erlauben ihren Gewerkschaften nicht, einem internationalen Bund beizutreten. Einige verbieten gewerkschaftliche Organisierung zur Gänze. Viele verbieten Solidaritätsstreiks. Die meisten üben eine starke politische Kontrolle über die Gewerkschaftsführungen aus: sie benennen die Vorstände, beschränken die Rechte und Bewegungsfreiheit der einfachen Mitglieder und unterdrücken jeden Protest. Die meisten Gewerkschaften in diesen Ländern haben von der Globalisierung keine Ahnung — im Gegensatz zu manchen Nichtregierungsorganisationen.
Auch das Wirken der WTO und der ILO wurde diskutiert — die Bedeutung der ILO- Standards für die Rechte der Arbeitenden in der arabischen Welt.
Immer wieder wurde in der Debatte die Notwendigkeit hervorgehoben, demokratische Gewerkschaften zu haben, die von den Arbeitenden selbst kontrolliert werden. Die internationale Solidarität kann eine große Rolle dabei spielen, solche zu befördern.
Eines der wichtigsten Vorhaben, auf die man sich einigte, ist der Aufbau eines internationalen Netzwerks, das in der Lage ist, Unterstützung von Streiks, von Abwehr politischer Repression usw. zu organisieren, vor allem solche Vorkommnisse zu mediatisieren.

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