SoZ Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-
Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Februar 2004, Seite 21

Frederic H. Fajardie:

Rote Frauen werden immer schöner

Berlin (Assoziation A) 2003, 190 S., 12 Euro.

Beim Lesen von Frederic H. Fajardies Roman »Rote Frauen« werden immer schöner schieben sich immer wieder Erinnerungsbilder an den jungen J.P.Belmondo in Godards Außer Atem ein. Er hätte Frederic Herscher, genannt Freddy, darstellen können, den 20-jährigen Rebellen in den Wirren des Mai ‘68, und auch den entkräfteten Ex-Guerillero, der nach 20 Jahren in das Frankreich Mitterrands zurückkehrt. Mit einem rebellischen Stammbaum versehen treibt sich Freddy mit seinem Freund Teddy in den Pariser Maiunruhen umher. Das maoistische Vietnamkomitee haben sie schon hinter sich. Da sie weder Studenten sind noch in der Fabrik arbeiten, finden ihre Auftritte nachmittags und abends auf den Straßen statt, immer dabei, wo es Randale gibt, Barrikaden gebaut werden und Steine fliegen. Und immer mit einem spöttischer Blick auf die studentischen Weicheier und Hörsaalrhetoriker. Freddy ist voller Skepsis gegenüber den protestierenden Bürgersöhnchen, voller Sympathie für die streikenden Arbeiter und niemals abgeneigt, sich auf Partys ein wenig vom Revoluzzeralltag zu erholen.
Lebensgefährlich wird es für sie, als sie sich nach einer Straßenschlacht in ein Haus flüchten und dabei mitbekommen, wie ein sie verfolgender Polizist ermordet wird. Sie selbst werden von dem Mörder entdeckt, den sie für einen Polizeiprovokateur halten. Freddy muss von zu Hause weg, er nimmt Abschied von seiner Familie, bewaffnet sich, muss mit der Knarre im Hosenbund noch ein wenig vor den sympathischeren Trotzkisten angeben. Und trifft auf Francine. Für beide gibt es einen kurzen Sommer der stürmischen Liebe, während die Flut der Rebellion zurückweicht, sich die Züge mit den zur Arbeit deportierten wieder füllen (ein krudes Bild, das sich schon bei der französischen Erstveröffentlichung 1988 verboten hätte). Irgendwann ist es soweit und Freddy wird nach Südafrika geschleust, wo er zunächst undercover die Grenzertruppen des Apartheidregimes auskundschaftet und sich dann diversen antikolonialen Befreiungsbewegungen anschließt, ohne sich ein neues Leben aufbauen zu können, in ständiger Sehnsucht nach Francine.
Was erwartet ihn 1988 in Frankreich, wo sich die Barrikadenkämpfer von ‘68 zu Stichwortgebern der Sphinx in Eliséepalast gemausert haben, wo ehemalige Freunde schnodderig vom »Bumsen« sprechen, was für Freddy noch immer »Liebe machen« ist?

Udo Bonn

Informationen und Meinungen sollten keine Waren sein. Und Geld ist ein Fetisch. Dennoch und ganz praktisch: Die Online-SoZ sieht nur umsonst aus. Wir brauchen Eure Euros.
Spendet steuerlich abzugsfähig!
VsP, Postbank Köln, BLZ 370100 50,
Kontonummer 603 95 04


zum Anfang