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Am Tag nach der Wahl beeilten sich liberale bis rechtsextreme Kommentatoren von der Financial Times bis zur Zeit und Jungle
World, die Wahl umzudeuten. Al Qaeda, nicht die große Mehrheit der Gegner Aznars, hätte die Wahlen gewonnen. Die Terrororganisation
müsse den Wahlausgang als Erfolg des Anschlags betrachten und sich ermuntert fühlen, weitere Anschläge zu planen. Die spanischen
Wählerinnen und Wähler hätten den Anschlag für eine wahlpolitische Wende genutzt und damit ihrerseits den Terroristen geholfen.
Die Komplizenschaft ist perfekt. Wer falsch wählt, ist ein potenzieller Terrorist.
Was deckt dieses Freund-Feind-Schema alles zu? Zunächst die Tatsache, dass in den
letzten Meinungsumfragen vor der Wahl die PSOE fast gleichauf mit der PP lag. Sodann die Tatsache, dass die Zustimmung zur Politik Aznars rasant
zurückgegangen war. Ohne den Anschlag hätte die PP wahrscheinlich knapp gewonnen nur deshalb, weil ihre Gegner in der PSOE keine
glaubwürdige Alternative erblickten und deshalb zu Hause geblieben wären.
Schließlich hat nicht der Anschlag selbst Aznar das Genick gebrochen. Der
Stimmungsumschwung kam Freitagnachmittag, nach der gewaltigen Demonstration, die landesweit 2 Millionen Menschen auf die Beine brachte. Er kam, weil
immer mehr Anzeichen durchsickerten, dass nicht die ETA, sondern Al Qaeda hinter dem Anschlag steckte; weil bekannt wurde, dass die Autoren des Anschlags
das Land ungehindert hatten betreten und verlassen können, obwohl sie nach dem 11.9. schon einmal vor Gericht standen. Er kam, weil sichtbar wurde,
dass der autoritäre Antiterrordiskurs der Regierung offensichtlich andere Ziele verfolgte als den effektiven Schutz der Bevölkerung.
Der Knoten platzte, am Sonntag gingen alle jene an die Wahlurnen, die zuvor zu Hause bleiben
wollten. Es war die zweithöchste Wahlbeteiligung seit dem Sturz der Diktatur. Sie wählten PSOE, obwohl sie sich von dieser Regierung kaum mehr
erhoffen als ein Ende der Beteiligung Spaniens an der Besetzung des Irak. Die Rechte und die extreme Rechte manipuliert den Terrorismus nur, hinter der
Fassade bekämpft sie andere Ziele. Das haben die Wähler durchschaut.
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