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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, April 2004, Seite 21

Panteón Rococó: Compaņer@s musicales.

Übersee Records

Immer wieder haben Aufstände und Revolutionen Künstlerinnen und Künstler angespornt, mit ihren Werken die Aufständischen zu begleiten, Kommentare zur formulieren oder einfach auf ihre Art und Weise Unterstützung zu leisten. Wohl kaum ein Aufstand hat in den letzten Jahren in dieser Hinsicht so viel Widerhall bekommen wie der Aufstand der Zapatistas im Süden Mexikos, der mit der Besetzung von San Cristobal de las Casas und anderen Bezirkshauptstädten in Chiapas begann. Bis weit in den Mainstream hinein waren vor allem Zitate des populären Subcomandate Marcos zu hören. Vor allem in Mexiko konnte keine Band, die etwas auf sich hielt, an den Zapatistas vorbei.
Auf der anderen Seite scheint das Gespann Sub Marcos und Manu Chao auch eine Musik populär zu machen, die sich in dieser Zeit aus dem subkulturellen Umfeld oder aus rein regionaler Bedeutung mehr und mehr herauszuentwickeln scheint. Dies gilt 20 Jahre nach der Gründung der EZLN und zehn Jahre nach dem Aufstand in Chiapas auch für mexikanische Gruppen. Im letzten Jahr waren es vor allem Los de Abajos und eben auch Panteón Rococó, die in Europa auf sich aufmerksam machten. Waren Anfang der 90er Jahre Gruppen wie Maldita Vecinidad y los hijos del 5 pato in Mexiko bereits ein Renner, kannte sie doch hierzulande nahezu niemand.
Die Tour von Panteón Rococó im letzten Jahr, mit ihrer Mischung aus Rock, Ska und einigen anderen Zutaten, durch Deutschland war ein voller Erfolg, überall wurden sie abgefeiert. Ihre CD Compaņer@s musicales, ist aber über den Kreis der Konzertbesucherinnen und -besucher kaum bekannt geworden.
Dabei ist diese Liveband auch im Studio in ihrem Element. Nicht nur ich bleibe beim hören in der heimischen Wohnung kaum ruhig, sondern beginne automatisch mit Bewegungen, die man vielleicht erst einmal als »prä- tanzen« bezeichnen könnte.
Waren sie 11 Musiker auf der Tour, so finden sich auf der CD noch einige Gastmusiker, die sich von Stück zu Stück vorwärts rocken. Besonders gefallen mir dabei »La carencia« und »Globalizado«. Aber auch die langsameren Beiträge, wie »Páralo« bestechen durch einen Rhythmus und einen einmaligen Bläsereinsatz, wie er vor allem deutsche Ska-Bands einfach nicht gelingen will.
Was sie von Gruppen wie Mano Negra oder auch Los de Abajos unterscheidet ist der unüberhörbare Einfluss des Gitarrenrocks. Den Hybriden der Alternativ-Rock- und -Ska-Szene ist hier eine Pflanze hinzugefügt worden, die in der Tradition von Ska P, Mano Negra Spaß am Feiern, mit der radikalen Kritik an Kapitalismus, Rassismus und Sexismus tanzbar verbindet. Das ist von kaum schätzbarem Wert in einer Zeit, in der Optimismus oft für einen Mangel an Information gehalten werden kann.
Seit 1995 ist die Band nun zusammen. In Mexiko haben sie schon bis zu 150000 Menschen auf einem Konzert zum tanzen gebracht. Compaņer@s musicales ist ihre zweite CD, allerdings erst die erste, die in Deutschland vertrieben wird. Dafür ist dem Label Übersee Records zu danken.
Zurzeit ist die Band in Argentinien dabei, ihre dritte CD zu produzieren. Wir können gespannt sein. Vor allem auch, da sie zugesagt haben, auch in diesem Jahr wieder in Deutschland auf Tour zu gehen. Allerdings gibt erst sechs feste Daten in Europa. Am 1.Juli wird es in Amsterdam losgehen.
Wer diese CD in Europa dann vertreiben wird, ist allerdings fraglich. Der Vertrieb »Energie für alle«, kurz EFA, ist seit Februar pleite oder wie man heute sagt insolvent. Er war vor dem zeitlichen Hintergrund von Punk, New Wave, Neuer Deutscher Welle, Politrock und Liedermacherszene entstanden. Fraglich ist zurzeit, ob da »noch was zu retten ist« oder ob vielmehr einige Label wie Übersee Records ebenfalls mit in die Pleite gerissen werden. Die betroffenen Label, z.B. Plastic Bomb, werfen EFA »Misswirtschaft« vor. Eine Floskel die jedem sozialdemokratischen Gewerkschaftsfunktionär zur Ehre gereicht.
Dabei handelt es sich um ein grundsätzliches Problem der Independent-Szene. Die Übermacht der Major-Firmen, die erfolgreiche Indie-Bands unter Vertrag nehmen, sind nur ein Grund der in einem schrumpfenden Markt eine immer größere Rolle spielt. Andere Formen des Vertriebs werden gefunden, und Bands wie Panteón Rococó oder SkaDaddyZ, die ebenfalls beim Übersee records label unterschrieben haben, müssen sich nach diesen umschauen. SkaDaddyZ gehen den Weg bereits. Ihre Cover Version von »Hotel California« wurde mehr als eine Millionen mal heruntergeladen: www.skadad dyz.com/pages/video.html. So lange es noch möglich ist, lohnt jedoch der Weg zum Plattenladen um Compaņer@s musicales zu kaufen.

Thomas Schroedter

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