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Franz Seghers ist Theologe und Sozialwissenschaftler. Im Diakonischen Werk von Hessen-Nassau ist er Referent für
Ethik und Privatdozent für Sozialethik an der Universität Marburg. Er hat die besondere Gabe schwierige wirtschaftswissenschaftliche Probleme
allgemeinverständlich darzustellen. Seine marxistischen Kenntnisse setzt er hierfür ebenso ein wie die der Bibel.
So geht er in seinen zahlreichen öffentlichen Veranstaltungen jetzt davon aus, dass der
Staat seine Finanzkrise durch die Steuersenkung selbst verschuldet hat. Das zwinge ihn zur Aufnahme öffentlicher Anleihen. Er leiht sich deshalb bei den
Vermögenden Geld.
Wer aber ist in der Lage, dem Staat Kredit zu geben? Die oberen 10% der privaten Haushalte in
Deutschland verfügen über mehr als die Hälfte des gigantischen Geldvermögens von 3,73 Billionen Euro. Sie kassieren für die
gegenwärtig 1,424 Billionen, mit denen der Staat sich bei ihnen verschuldet hat, jährlich 50 Milliarden an Zinsen. Sie sind letztlich die Profiteure
der Staatsverschuldung, deren Darlehen mit Zins und Zinseszins zu erstatten sind. Der Schuldenberg ist nicht abzutragen, wie massiv die Kürzungen der
öffentlichen Haushalte auch ausfallen mögen. Denn selbst bei einer jährlichen Rückzahlung der Schulden in der schier unglaublichen
Höhe von 12 Milliarden Euro wäre der Schuldenberg in 100 Jahren immer noch nicht abgetragen, denn zusätzlich zur Tilgung müssen
ja die Zinsen weitergezahlt werden.
Um aus dem Teufelskreis der Überschuldung herauszukommen, gibt es jedoch in der
internationalen Diskussion im Anschluss an die biblische Tradition erinnert Franz Seghers die Forderung nach einem Schuldenerlass. Die Bibel
beschreibt das Schuldverhältnis als ein Marktverhältnis. »Der Reiche herrscht über die Armen; und wer borgt, ist des Gläubigers
Knecht« (Spr.22,7). Der Schuldenerlass will deshalb die durch Überschuldung verursachte Abhängigkeit unterbrechen.
Die ethische Maxime besagt: Schulden, die nicht bezahlt werden können, müssen
erlassen werden, denn das Leben darf nicht den Ansprüchen der Gläubiger geopfert werden. Vorrang vor dem Geld- und Kreditsystem haben die
Lebensbedürfnisse des Menschen. Der ethische Grundsatz muss zur Geltung kommen, dass Schulden, die nicht zurückgezahlt werden können,
auch nicht zurückgezahlt zu werden brauchen.
Nun ist Franz Seghers nicht so naiv zu glauben, dass auch die allerchristlichsten
Gläubiger sich der Ethik der Bibel unterwerfen, sie sich zu Herzen nehmen würden. Es spricht deshalb für ihn, dass er sich auf ein Beispiel
beruft, das auch den in Bewegung geratenen Sozialrevolutionären als Muster dient. Er sagt: »Statt nur die Interessen der Kapitaleigner zu bedienen,
ist es nötig, dass auf demokratischer Basis politisch entschieden wird, welche öffentlichen Güter zur Verfügung gestellt werden, zu
denen weiterhin alle Bürgerinnen und Bürger Zugang haben sollen. Die Finanzierung sozialer Dienste muss demokratisch sichergesellt werden, denn
diese können nicht einfach dem Schuldendienst und den Interessen der Gläubiger geopfert werden. Die Bürgerhaushalte, wie sie in Porto
Alegre in Brasilien und in einigen Kommunen auch in Deutschland Anwendung finden, stellen einen solchen alternativen Umgang mit Schulden und
Überschuldung öffentlicher Haushalte dar. Nicht Banken, Finanzpolitiker oder ein Sachzwang leerer öffentlicher Kassen sondern die
betroffenen Bürger bestimmen die Prioritäten der Politik.«
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