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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Juni 2004, Seite 4

Herrschaft und Folter

Afghanistan, Irak und anderswo

von CHRISTOPH JÜNKE

Seit dem 11.September 2001, genauer: seit dem von der US-Regierung und ihren Verbündeten — u.a. auch der Bundesrepublik — erklärten und bisher nicht — auch nicht von der Bundesrepublik — widerrufenen weltweiten »Krieg gegen den Terror« ist die Grenze zwischen Krieg und Frieden verwischt. Es herrscht der permanente Ausnahmezustand. Wer nicht für uns ist, ist gegen uns, erklärte US-Präsident Bush damals und aktualisierte damit das ur-reaktionäre Politikverständnis der Unterscheidung von Freund und Feind als Grundlage des Politischen. Dass wer so redet, nicht mit dem Endkampf zwischen Gut und Böse konfrontiert ist, sondern ihn vielmehr führen möchte, konnte man Ende September 2001 in dieser Zeitung lesen. Und was damals noch reichlich abstrakt erschienen sein mag, ist von der Realität bereits mehrfach eingeholt — in Afghanistan, Irak und anderswo.
Massenvernichtungswaffen im Irak? Das war Unsinn, sagt mittlerweile selbst die US- Regierung. Al-Qaeda-Gefahr im Irak? Ja, aber nicht vor, sondern nach der Intervention der alliierten Streit- und Besatzungskräfte. Kampf für Menschenrechte und Zivilisation im Irak? Die Folterfotos, -filme und -berichte sprechen eine andere Sprache. Sie verdeutlichen schlaglichtartig, dass es den alliierten Besatzern nicht um Befreiung, Demokratie und Zivilisation geht, sondern um Herrschaft, Unterdrückung und Profit. Herrschaft erzeugt immer Widerstand und je offener und ungerechtfertigter sie sich aufführt, desto offener und entschlossener ist auch der Widerstand. Der wiederum wird von den Herrschaften mit entsprechender Unterdrückung und gezielter Erniedrigung beantwortet. Das beginnt im »Kleinen«, in brandenburgischen Gefängnissen bspw., und findet im Irak einen grausamen Höhepunkt, aufgeladen durch eine geistige Mobilisierung, die nach dem 11.9. vom »absolut Bösen« sprach und unverhohlen auf Rache und Vergeltung statt auf Recht und Gerechtigkeit setzte. »Gott sei euch gnädig, wir sind es nicht«, so ein US-amerikanischer Senator damals. Der Worte folgten Taten.
Individuelle Verfehlungen? Auch, aber vor allem ist es die systemische Logik von Herrschaft und Unterdrückung. Macht kann demokratisiert werden, Herrschaft aber gehört abgeschafft, in Afghanistan, im Irak und anderswo. Das mag utopisch sein, doch die Alternative ist die zunehmende Barbarei. Das wird immer sinnfälliger.

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