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Ende März hat die Tötung von vier amerikanischen »Zivilisten« und die Schändung ihrer
Leichen nicht nur die Schrecken eines Krieges wieder ins Gedächtnis der Weltbevölkerung gerufen, sondern auch die irritierende Frage
aufgeworfen: Was machen schwerbewaffnete Sicherheitsagenten der Firma Blackwater aus North Carolina, der wohl renommiertesten amerikanischen
Sicherheitsfirma, in einem Kriegsgebiet?
Nach Aussagen der Firma sollten die »Zivilisten« einen Konvoi begleiten, der die US-Truppen mit Verpflegung besorgte. Aber
Blackwater ist nicht irgendein Sicherheitsunternehmen, das Bodyguards vermietet, und die ums Leben gekommenen Zivilisten waren Veteranen der US-Armee
bzw. ehemalige Mitglieder der Elite-Antiterroreinheit der US-Marine. Bereits im Februar gerieten sie in die Kritik, als sie 60 chilenische Soldaten, die
während der Diktatur Pinochets ausgebildet und eingesetzt waren, für einen Einsatz im Irak anheuerten.
Auch der am 14.April erschossene italienische »Zivilist« war Angestellter einer
Sicherheitsfirma, und in Großbritannien wird aufgrund der veröffentlichten Folterfotos in den irakischen Gefängnissen mittlerweile gegen
britische Sicherheitsagenturen ermittelt. Laut junge Weltvom 5.5.04 ist die drittgrößte Besatzungsarmee im Irak hinter den US-Amerikanern und den
Briten ein Heer aus etwa 20000 Söldnern privater Sicherheitsdienste.
Seit dem 11.September 2001 boomt das Gewerbe und die Bemühungen, diese Branche
der neuen »Gewaltdienstleister« zu interpretieren. Die einen sprechen von der »Ökonomisierung des Krieges«, die anderen von
der »Erweiterung staatlicher Ordnung«. Alle Bemühungen, die »Söldner«-Tätigkeit zu definieren, belegen entweder,
dass es sich in der Tat um Menschen handelt, die in jeden Krieg ziehen, Hauptsache das Geld stimmt, oder verdeutlichen, dass lediglich privatisierte Aufgaben
eines Staates übernommen werden. Belege gibt es für beide Interpretationen.
Darüber hinaus waren »Söldner« selbst auch immer bemüht,
ihren schlechten Ruf, als vaterlandslose, brutale und feige Gesellen des Krieges los zu werden. Auch die »Gewaltdienstleister« der heutigen Zeit
lassen viel Geld in Werbung fließen, um das lästige Landsknechtimage loszuwerden, was sie jedoch nicht davon abhält, just solche
anzuwerben.
Die Branche ist vielfältig. Sie reicht von kämpfenden Einheiten über Beratungs- und Ausbildungsagenturen sowie technische und
logistische Unterstützung bis zu Wachfirmen auf dem boomenden Markt für Unternehmenssicherheit.
Die Erfolgsgeschichte dieser »Gewaltdienstleister« beginnt zwar nach dem Zerfall
der Sowjetunion, dem Ende des Kalten Krieges, ist aber kein neues Phänomen. Die wohl älteste und zweitgrößte Sicherheitsfirma in
den USA, die Firma Wackenhut entstand bereits 1954. Sie wurde von G.R.Wackenhut gegründet, einem ehemaligen Sportlehrer des FBI. Die Gesellschaft
begann gegen Ende der McCarthy-Ära mit der Erfassung von politischen Gegnern. Sechs Millionen Amerikaner soll sie in ihrer Datei gehabt haben. 1986,
auf dem Höhepunkt des Bürgerkrieges in El Salvador, hatte sie 1500 Personen im dortigen Land beschäftigt. Auf die Frage
»womit« antwortete damals der Leiter für internationale Operationen, Ernesto Bermudez, »mit Dingen, von denen Sie nicht wollten,
dass Ihre Mutter sie erfährt«. In dieser Zeit waren bei Wackenhut ehemals führende Mitarbeiter von FBI und CIA versammelt sowie
führende Personen der rechtsextremen John Birch Society.
Wackenhut betreibt weltweit 59 Gefängnisse, 34 davon befinden sich in den USA. Mit
Tochterunternehmen betreiben sie in Australien, Großbritannien, Kanada und Südafrika Gefängnisse und Flüchtlingslager was
als effektive Sparpolitik bezeichnet wird. Die dänische Firma Group 4 Falck, die noch bis Mai 2003 57% der Anteile besaß, bekam Ärger, als
die Öffentlichkeit erfuhr, dass sie auch einen 50%igen Anteil an der israelischen Sicherheitsfirma Hashmira hielt, die bewaffnete Sicherheitskräfte in
israelischen Siedlungen in der Westbank stellt und sich an Übergriffen gegen Palästinenser beteiligte. Auch die Sicherheit der Atomkraftwerke und
der militärischen Produktionsstätten atomarer Waffen, liegt in ihren Händen. Ihre »Sicherheitsmaßnahmen« werden seit
Jahren kritisiert und von NGOs beobachtet.
Zwei der bekanntesten Firmen und Marktführer in
»Söldnergeschäften« sind die südafrikanische Executive Outcomes (EO) und die anglo-amerikanische Firma Sandline
International. Die EO wurde 1989 von ehemaligen südafrikanischen Geheimdienst- und Special-Operations-Leuten wie Eeben Barlow, Lafras, Luitingh
und Nicolas Palm gegründet und verfügt über eine eigene Luftlinie (IBIS Air), eine kleine Luftwaffe und Panzer, die aus Osteuropa gekauft
wurden.
Die illegalen Aktivitäten beider Firmen sind ausführlich dokumentiert worden. Sie
kämpften in Angola, Sierra Leone und Papua-Neuguinea. Eine illegale Waffenlieferung von Sandline an die Regierung von Sierra Leone führte
1998 in Großbritannien zu einer Regierungskrise. Sandline wird von einem früheren Offizier der britischen Garde, Oberstleutnant Tim Spicer,
geleitet und versorgt die Welt mit Waffen und Söldnern wahrscheinlich mit Wissen und Zustimmung der britischen Regierung. Das jedenfalls behauptete
Spicer, als die illegale Waffenlieferung aufflog.
Auch die USA sollen über die Vorgänge bestens informiert gewesen sein. Mit im
Boot saß die kanadische Firma Diamond Works, die wiederum Verbindungen zu EO gehabt haben soll und den Waffendeal mit 1,5 Millionen Dollar
vorfinanzierte. Die EO wurde mittlerweile aufgelöst. Es fehlte ihr an staatlichen Einflussmöglichkeiten und politischer Rückendeckung. Auch
die Verlegung ihres Firmensitzes nach London konnte das nicht kompensieren.
Die Medienöffentlichkeit über die Ereignisse des 11.September 2001 und »der Krieg gegen den Terror« haben sicher dazu
geführt, dass die Rechtfertigungsschwelle staatlicher Interventionen reduziert wurde. Es ist jedoch fraglich, ob der »Krieg gegen den
Terrorismus« dauerhaft Freibriefe für militärische Einsätze liefert. Der Markt der »Gewaltdienstleister« im
militärischen Bereich brummt jedenfalls zur Zeit.
Nach Aussagen des Internationalen Konversionszentrums in Bonn wäre ohne die
privaten Dienste der Krieg im Irak gar nicht möglich gewesen. Eine der Firmen, die speziell im militärischen Bereich aktiv ist, ist die Firma Military
Professional Resources Incorporated (MPRI). Generalleutnant Syster, früher Chef des militärischen Geheimdienstes DIA wechselte auf die
Chefetage von MPRI. Sie arbeiten mit Lizenz der Regierung, die ihnen einen ähnlichen Status wie Waffenlieferanten gewährt und sich mehrheitlich
im Besitz eines börsennotierten Produzenten von Waffenelektronik befindet.
1995, als die US-Regierung kroatische und bosnisch-muslimische Verbände
unterstützte offiziell waren Waffenlieferungen durch das von der UNO verhängte Embargo nicht möglich , boten sich
über MPRI andere Möglichkeiten an. Diese Privatfirma machte die kroatische Armee für eine Offensive fit.
Die offizielle Version war: Sie lehren der kroatischen Armee demokratische Normen. Die
ausgebildeten »Söldner« rückten in die Krajina-Region ein und verübten dort eine der größten »ethnischen
Säuberungen«. MPRI hat keine eigenen »Kampftruppen«, jedoch nach Schätzungen über 2000 ehemalige US-Soldaten in
ihrer Datenbank und gute Kontakte zum Special Operations Command des Pentagon, das für verdeckte Operationen in der Dritten Welt zuständig
ist.
Die Wirtschaftswoche vom 5.9.02 berichtete, dass MPRI der bosnischen Regierung beim
Aufbau einer Armee helfe finanziert von Saudi-Arabien, Kuwait und Brunei. Militärisches Training ist eines ihrer wichtigsten Zweige.
»Wahrscheinlich wird das Unternehmen die Bildung einer irakischen Post-Saddam-Armee übernehmen« so die Prognose von Peter Singer
vom Brookings-Institut in Washington.
Einen stetig steigenden Umsatz erfahren die kommerziellen Militärdienstleister zudem
aus der privaten Wirtschaft selbst. Gerade die Öl- und Bergbaukonzerne lassen ihre Anlagen in unsicheren, aber an Bodenschätzen reichen
Ländern sichern, wie z.B. in Angola oder Kolumbien. Den größten Deal verspricht sich MPRI mit einem Vertrag mit der UNO. Dazu scheint
aber die Zeit noch nicht reif. Internationale Hilfsorganisationen warnen vor diesen Einsätzen, was sie jedoch nicht hindert, sich selbst von solchen
schützen zu lassen. So berichtete die Wirtschaftswoche, dass sich World Vision in Sierra Leone von Southern Cross bewachen lasse, dessen
Geschäftsführer bereits bei Sandline, dem Trendsetter im modernen Söldnergeschäft Erfahrungen gesammelt hat.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die »Gewaltdienstleister« dann erfolgreich sind, wenn sie enge Beziehungen zu Regierung,
Militär und Geheimdiensten haben. Das sichert ihnen die großen Geschäfte mit ihren Regierungen und den großen Konzernen. Sie
boomen, weil es für die Staaten immer teurer wird, einen Krieg mit hochentwickeltem militärischen Gerät, mit Berufsarmeen
einschließlich der Zahlung von Pensionen und mit der Aufrechterhaltung dieser Struktur ohne »Arbeitseinsatz« zu führen.
Sie steigern ihre Umsätze durch Privatisierung ganzer Bereiche des Militärs, wie
z.B. Wartung, Logistik usw. und sind effektiv, weil es keine öffentlichen Debatten über ihre Einsätze gibt, damit auch kein
»Frühwarnsignal » keine demokratische Beteiligung, keine Überwachung, keine Regeln. Ihre Toten bekommen keine
militärischen Ehren und haben somit auch keine Öffentlichkeit. Sie sterben leise.
Die geschätzten 10 Milliarden Dollar, die sie pro Jahr verdienen, liegen schon jetzt
über dem normalen Budget aller Staaten außer den USA. Allein in Deutschland hat sich die Zahl der Sicherheitsdienste zwischen 1984 und 1996
verdreifacht. Auch aus Deutschland werden »Sicherheitskräfte« nach Afghanistan und in den Irak geschickt. Ausgebildet wurden sie von der
Firma Baltic Safety Network aus Lübeck. Bevorzugt werden ehemalige Soldaten oder Polizisten und ihre Prüfung legen sie vor der Industrie- und
Handelskammer ab die Kosten der achtwöchigen Vollzeitausbildung können von der Bundesagentur für Arbeit übernommen
werden.
Ute Abraham
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