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»Die Kriegsverbrechen müssen verfolgt werden« forderte am vergangenen Samstag die deutsche Auftaktkonferenz für ein
internationales Tribunal über den Angriffskrieg gegen den Irak in Berlin. Denn, »wer einfach zur Tagesordnung übergeht, kapituliert vor den
nächsten Kriegen«, heißt es im Abschlusskommuniqué der gut besuchten Veranstaltung im Audimax der Humboldt-Universität. Die
Verantwortlichen für den Irakkrieg müßten wegen ihrer schweren Verbrechen zur Verantwortung gezogen werden.
Nachdem Prof. Wolfgang Richter von der Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und
Menschenwürde (GBM) die Tribunalidee vorgestellt hatte, wiesen im ersten Teil der Veranstaltung renommierte deutsche und internationale
Völkerrechtler wie Prof. Norman Paech, Prof. Gregor Schirmer und Prof. Lennox Hinds die Verbrechen gegen den Frieden und auch die deutsche Mitschuld
nach. Im zweiten Teil berichteten Prof. Bill Browning aus England, Prof. Osamu Niikura aus Japan, Prof. Michail Kusnezow aus Moskau und der Priester und
Soziologe Prof. François Houtart aus Belgien über den Stand der weit fortgeschrittenen Vorbereitung der Hearings in ihren Ländern.
Im dritten Teil begann die Beweisaufnahme der Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die
Menschlichkeit. Augenzeugenberichte, Dokumente, Fotos und Videos wurden von den Referenten als Beweis eingeführt. Als erstes dokumentierte Rainer
Rupp, mit welchen juristischen Winkelzügen Juristen des US-Justiz- und des US-Verteidigungsministeriums die Folter »legalisiert« haben. Diese
werde insbesondere in einer Reihe von geheimen Gefängnissen der US-Armee praktiziert. Der Irak-Kenner, Archäologe und Augenzeuge Prof. Walter
Sommerfeld zeigte im Anschluss Fotodokumente, die beweisen, dass US-Soldaten bei den Plünderungen und Zerstörungen von Museen und
Krankenhäusern ermutigend dabeistanden. Haifa Sangana, die irakische Schriftstellerin und Frauenrechtlerin, bestürzte die Anwesenden mit ihren
Augenzeugenberichten über die drastische und systematisch Verschlechterung der Lage der Frauen im Irak seit Beginn der US-Besatzung. Von allen
Bevölkerungsgruppen seien die Frauen, die zuvor mehr oder weniger gleichberechtigt waren, am schlimmsten betroffen. Haifa Sangana, die selbst lange Jahre
unter dem Regime von Saddam Hussein im berüchtigten Gefängnis für Regimegegner Abu Ghraib eingesperrt worden war, forderte den
unverzüglichen Abzug der Besatzungstruppen: »Wir haben nicht 30 Jahre gekämpft, nur um am Ende einen Folterer gegen einen anderen Folterer
auszutauschen.«
Prof. Hussain Al-Saadi, Biologe an der Universität Bagdad, wies anhand einer
ökologischen wissenschaftlichen Arbeit die verheerenden Umweltauswirkungen des ersten US-Krieges gegen Irak nach. Besonders alarmierend waren die Daten
über eine ganze Reihe von plötzlich aufgetauchten, vorher noch nie im Irak festgestellten Pflanzenschädlingen, die bereits im Jahr 1993
große Teile der irakischen Getreideernte vernichteten.
Stehende Ovationen bekam der engagierte belgische Notarzt und Experte für
Gesundheitsvorsorge Dr. Geert van Moorter, der seit Jahren im Auftrag der Organisation »Medizinische Hilfe für die Dritte Welt«
regelmäßig in den Irak reist, um dort der notleidenden Bevölkerung zu helfen. Laut Dr. Geert van Moorter sind Folter, Misshandlungen, sexueller
Mißbrauch, Verhinderung medizinischer Hilfe keine Einzelaktionen sondern systematisch und weit verbreitet. Dazu gehört auch die absichtliche
Erschießung von medizinischem Personal, der Beschuss von gekennzeichneten Krankenwagen und der darin transportierten Patienten. Dies seien eindeutige
Verstöße gegen die Genfer Konvention, so Moorter.
Ulla Jelpke/Rainer Rupp
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