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»Das Ende der Bescheidenheit Neoliberalismus, Alltag, Widerstand«, so der Titel der diesjährigen BUKO. Es war der
27.Kongress seit 1977, die »Tourdaten« sind auf dem Rücken der T-Shirts angegeben, mit dem die BUKO sich zwecks Finanzierung einer
Stelle in die Abgründe des Merchandising begibt. Wie keine andere linke Organisation, die in den 70ern entstanden ist, schafft es die BUKO dabei junge
und alte Militante zur Teilnahme zu bringen. So wirkt die Schlange an der Anmeldung unüberschaubar lang und am Ende sind es über 700
Teilnehmende gewesen, die am Kongress der Bundeskoordination Internationalismus (BUKO) vom 20. bis 23.Mai in Kassel teilgenommen haben.
Im Laufe des Wochenendes verteilen sie sich über das »Uni-Dorf« auf
teilweise über 30 parallel stattfindende Arbeitsgruppen und so bekommt der Kongress nur selten den Charakter einer Massenveranstaltung. Genau diese
Arbeitsgruppen sind es auch, die dazu beigetragen haben, dass die meisten diesen Kongress mit neuen politischen Erfahrungen und mit Kontakten zu anderen
Aktiven wieder verlassen konnten.
Wie auch schon in den vorhergehenden Konferenzen hat sich die BUKO Mitstreiterinnen
für die Veranstaltung gesucht. Da unter dem Titel vor allem auch die Diskussionen zum weiten Feld der Aneignung gebündelt werden sollen, ist es
nicht verwunderlich, dass die Umsonstkampagnen bei diesem Mal zu den Mitstreiterinnen gehören.
Im Vorfeld des Kongresses hatten sich der Arbeitsschwerpunkt Weltwirtschaft der BUKO und
die Redaktion der Zeitschrift Arranca mit dem in jüngerer Zeit zum »Modebegriff« innerhalb von Teilen der radikalen Linken avancierten
Thema Aneignung auseinandergesetzt. In ihrer Einleitung heißt es: »Der Aneignungsbegriff ruft völlig unterschiedliche Assoziationen hervor.
Diese bewegen sich zwischen zwei Polen: Einem positiven Verständnis des Begriffs als Selbstermächtigung, als offensive und von unten
kommende Bewegung des Sich-Nehmens und einem negativen, als eine täglich sich wiederholende und zudem in immer mehr Lebensbereiche
vordringende ›Aneignung von oben‹. Die unterschiedlichen Assoziationen verweisen auf analytische Differenzen, die für den politischen
Gebrauch des Begriffs von entscheidender Bedeutung sind.«
Konkret ging es dann in den Arbeitsgruppen allerdings um Themen, wie die durch
Polizeirazzien geprägte Situation von migrantischen Prostituierten, über EU-Erweiterung und Militärpolitik bis hin zur Privatisierung der
Schulausbildung in Nikaragua.
In der Eröffnungsveranstaltung »Neoliberalismus am Ende?« steckten
Alessandro Pelizzari (Attac Schweiz, Uni Fribourg), Nicola Bullard von Focus on the Global South (Bangkok), Katharina Pühl (Berlin) und Christoph
Görg (Uni Frankfurt) das Spektrum der BUKO weitgehend ab, ohne wirklich in eine Diskussion zu kommen.
Als quasi Sonderthema gibt es am zweiten Abend ein Podium zur Osterweiterung der EU.
Unter der Leitung von Gisela Neunhöffer (Osteuropa AG, Berlin) diskutierten Anna Rzymska (Attac Warschau), Gabriella Farkas (Frauenzentrum
Budapest) und Anca Sandescu (Indymedia Rumänien). Dies Plenum war gekennzeichnet dadurch, das die ursprünglich vorgesehenen Referentinnen
kurzfristig abgesagt hatten und die »Ersatzleute« jeweils nur eine Schilderung ihrer Arbeit im Zusammenhang mit der Osterweiterung vorstellten.
Aktive aus Polen, die vom Plenum aus mitdiskutierten, stellten dann zum Beispiel viele Punkte von Anna Rzymska in Frage. Gisela Neunhöffer wies in
der Diskussion darauf hin, dass die Diskussion, die sich oft zerfahrenen Detailfragen zuwandte, ein exaktes Spiegelbild der linken Diskussion in den jeweiligen
Staaten sei. Die Konzentration auf nur einen Staat der neuen Mitgliedstaaten wäre sicherlich fruchtbarer gewesen.
Statt eines Abschlussplenums gab es am Sonntag Mittag ein moderiertes Buffet, bei dem es
sowohl um eine erste Reflexion des Kongresses ging wie auch um die Frage, was denn den Unterschied zwischen der BUKO- und dem am Wochenende vorher
stattgefundenen Gewerkschafts- und Attac-Kongress ausmache. Vor allem die weitgehende Reduzierung der Antwort auf staatliche Regulierungen auf dem
Berliner Kongress und demgegenüber die Entwicklung neuer solidarischer Zusammenhänge jenseits staatlicher Regulation auf dem BUKO-Treffen
betonten verschiedene Teilnehmende. Dass diese beiden Tendenzen im Kampf gegen den »Neoliberalismus« und die »Aneignung von
oben« nicht gegeneinander ausgespielt werden dürfen, bestimmte jedoch am Ende den Verlauf der Diskussion.
Thomas Schroedter
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