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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Juli 2004, Seite 21

Studio One Ska und Studio One Dub, Soul Jazz Records

Sir Coxsone

Am 30.April wurde die Brentford Road in Kingston, Jamaika, in »Studio One Boulevard« umbenannt. Untrennbar war das Studio seit seiner Einrichtung 1963 mit dem Namen seines Gründers Clement Seymour Dodd verbunden. Bekannt war er als »Sir Coxsone« Dodd.
In den 50er Jahren hatte er wie viele andere Jamaikaner sein Geld als Landarbeiter in den USA verdient. Mit R&B und ein paar Jazz-Platten kehrte er nach Jamaika zurück und gründete mit seinem gesparten Geld eines der ersten Sound Systems. Da immer mehr dieser Sound Systems auftauchten, rückten sie immer näher zusammen und Sir Coxsone Dodd gilt als einer derjenigen, die aus dem Miteinander-Gegeneinander eine eigene Veranstaltungsform machten, die sog. Clashes.
»Wir begannen Clashes zu veranstalten, um den König der Sounds zu ermitteln, der dann mehr Auftritte bekam. Es war richtig nett! Manchmal konnte ich mich mit ›Downbeat‹ ein, zwei Jahre an der Spitze halten. Mein Hauptgegner, Duke Reid The Trojan, stürzte mich dann für drei, vier Monate vom Thron. Aber wir genossen den Wettbewerb, wir hatten unseren Spaß. Wenn wir in Kingston einen Termin für einen Clash ansetzten, strömten Menschen aus allen Teilen der Insel herbei, und wir entschieden uns, öfters einen Wettkampf auszutragen. Manchmal wurde dem Gewinner eine Krone aufgesetzt. Wir haben uns köstlich amüsiert. Das war lange bevor Politricks, Gewalt und Waffen ins Spiel kamen.«
Kurz nach der erworbenen Unabhängigkeit Jamaikas gründete er das Studio One, in dem eigentlich alle Größen des Reggae Platten aufgenommen haben. Vor allem war und blieb Sir Coxsone Dodd bei Talent Scout und gilt zum Beispiel als der Entdecker und Mentor von Bob Marley. Aber nicht nur Reggae wurde in Studio One abgemischt, sondern auch die Rolling Stones oder The Clash nahmen dort Tracks auf. Zu diesem Zeitpunkt waren allerdings schon Politricks, Gewalt und Waffen in Jamaika zur Normalität geworden. So beschreiben The Clash, dass während der Aufnahmen im Studio One schon mal Leute kamen, die mit Pistolen ihren Wünschen Nachdruck verleihen wollten.
Dass Sir Coxsone Dodd mit 72 Jahren auf dem Weg vom Studio ins Krankenhaus an Herzversagen starb, war dennoch für die Szene ein gewaltiger Schock. »Das Musikgeschäft hat einen seiner wichtigsten Stützpfeiler verloren, einen großartigen Vater des Reggae, einen Mann, der sich für die Inner City Youth eingesetzt hat und ihnen die Möglichkeit gab, sich durch Musik auszudrücken«, schreibt Bobby Digital vom Digital B Studio in einem Nachruf.
Zwei Produktionen des in London ansässigen Labels Soul Jazz Records, die einen Einblick in die Arbeit des Labels Studio One geben, seien hier erwähnt: Zuerst wäre da die Compilation Studio One Ska. Die Zusammenstellung der Musiker auf dieser Scheibe liest sich wie das Who‘s Who der Ska-Musik der frühen 60er Jahre: Die Alpha School Boys, Don Drummond, Tommy McCook, Johnny »Dizzy« Moore und Roland Alphonso, die sich 1964 mit befreundeten Musikern zu den Skatalites zusammenschlossen. Aber auch die frühen Wailers steuern mit »(I‘m Gonna) Put It On« einen Track bei. Die insgesamt 17 Stücke, die auf Studio One Ska zusammengetragen wurden, bieten eine ausgewogene Ska-Mixtur aus reinen Instrumentals und Gesangsstücken, die man zu den absoluten Klassikern des Genres rechnen muss.
Insgesamt acht Veröffentlichungen umfasst die Studio-One-Serie: Roots, Soul, die DJs und noch einige weitere Spielarten der Arbeit dieses Labels. Auf der letzten Veröffentlichung dieser Reihe widmet sich Soul Jazz Records mit Studio One Dub der experimentellen Seite damaliger Remix-Kultur. Der spielerische Umgang mit dem Mischpult und die Dominanz der Rhythmussektion, bestehend aus Bass und Schlagzeug, haben hier ihre Wurzeln. Auch wenn heute unzählige Spielarten des Dub dieses Genre immer weiter getrieben haben, lohnt es sich auch hier, einmal zu den Wurzeln zurückzukehren und ebenso wie die Ska-Kompilation wurde hier eine CD produziert, die sowohl den Einsteigern in das jeweilige Genre die Türe öffnet als auch Insidern noch einmal 17 Bonbons aus den Anfängen präsentiert.
Die meisten Tracks auf Studio One Dub mischte der Tontechniker Sylvan Morris im Studio One ab. Sylvan Morris begann seine Karriere bei Sir Coxsones Intimfeind Duke Reid, wechselte dann aber ins Studio One und mischte dort einige der größten Dub-Tunes aller Zeiten, die bis heute in Teilen immer wieder in anderen Dub-Produktionen auftauchen.

Thomas Schroedter

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