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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, September 2004, Seite 1

Enteignet

Von 120000 Arbeitslosenhilfebeziehenden in Thüringen werden ab dem 1.1.2005 95000 weniger oder gar keine Leistung mehr bekommen, hat der DGB errechnet. Bundesweit werden per Gesetz 4 Millionen Menschen zu zusätzlicher Armut verurteilt. Und das ist kein einmaliger Akt: Dieses Schicksal droht in Zukunft allen, die auf die Straße gesetzt werden.
Mit Hartz IV rollt eine große Enteignungswelle heran. Niemand, der nicht von seinem Vermögen leben kann, ist davor sicher. Ganze 20000 Euro darf ein 50-jähriger Langzeitarbeitsloser künftig behalten — Alterssicherung inklusive. Alles darüber hinaus zieht die Arbeitsagentur ein: das ersparte Eigenheim, das er besonders dann verkaufen muss, wenn nur noch wenige Jahre Tilgung fehlen; die Lebensversicherung; Vermögenswerte, die er für das Kind angelegt hat (für dessen Ausbildung darf er nur noch 4000 Euro behalten); Bausparverträge; natürlich auch das Partnervermögen. Und wer einmal auf ALG II sitzt, muss sich mit 1-Euro-Jobs zufrieden geben.
Entgegen der Regierungspropaganda trifft Hartz IV auch Sozialhilfebeziehende: der monatliche Regelsatz wird zwar geringfügig heraufgesetzt (von 296 auf 345 Euro im Westen), doch die ergänzenden Leistungen, die der Bedarfsdeckung dienten, entfallen. Besonders brutal aber trifft es diejenigen, die bislang relativ gut verdient und für ihr Alter und für die nächste Generation gespart haben. Die werden enteignet — völlig im Gegensatz zur konservativen Arbeitsmoral und allen liberalen Werbesprüchen, wonach wir alles auf die »eigene Vorsorge« und nicht mehr auf die gesetzliche Absicherung setzen sollen. Wer das tut, spart nur noch für die eigene Erwerbslosigkeit.
Die Enteignung der einen ist die Aneignung der anderen: 4,6 Milliarden Euro will die Regierung durch Hartz IV einsparen. Die wandern ab dem 1.1.2005 in die Taschen der Spitzenverdiener. Deren Steuerbelastung wird dann um 4 Milliarden Euro niedriger ausfallen, weil der Spitzensteuersatz wieder einmal gesenkt wird.
Der bundesdeutsche Kapitalismus hat sich früher gerühmt, die Sozialstruktur einer Zwiebel zu haben: Angehörige unterer Schichten konnten aufsteigen. Jetzt bricht der »Mittelstand« ein und die unteren Schichten werden wieder pauperisiert.

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