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Brasilien ist in den letzten 20 Jahren weltweit zum zweitwichtigsten Produzenten von Soja und zum wichtigsten
Sojaschrotlieferanten aufgestiegen. Im Jahre 2003 wurden 52,2 Millionen Tonnen auf 18,5 Millionen Hektar geerntet, was 8 Milliarden US-Dollar Devisen
erbrachte, die dringend zur Bedienung der Auslandsschulden und Stabilisierung der Außenhandelsbilanz des Landes beitragen sollten. Nach
Einschätzungen brasilianischer Behörden und Sojaproduzenten könnte der Anbau auf 100 Millionen Hektar erweitert werden.
Entwaldung, Zunahme des Pestizideinsatzes, Zerstörung der Lebensgrundlage von
Indianervölkern und Kleinbauern, Landkonzentration, Sklavenarbeit, Landflucht und Zunahme der Armut auf dem Land sind Auswirkungen, die eine
andere Seite der Sojamonokultur deutlich machen.
Nach dem BSE-Skandal in Europa gewann der Sojaimport an Bedeutung, denn Sojaschrot stellt
einen geeigneten Ersatz für das inzwischen verbotene Tiermehl dar. Aber auch in anderen Ländern besonders in China ist der Verbrauch von Soja
gestiegen, was das riesige Potenzial zur Ausbreitung der Sojaproduktion in Brasilien beitragen könnte.
Es wird davon ausgegangen, dass etwa 6 Millionen Hektar außerhalb Europas
nötig sind, nur um den Bedarf an Soja für die Massentierhaltung zu decken. Allein in Deutschland werden jährlich 3 Millionen Tonnen
Sojaschrot importiert, was nicht problemlos gesehen werden kann, denn die Boden- und Wasserverseuchung nimmt hierzulande, besonders in Niedersachsen, zu.
Angesichts dieser Situation wurde ab Juni 2000 von der Evangelischen Akademie Loccum das
Sojaprojekt »Agenda 21 Stoffstromorientierter Diskurs zur Futtermittelproblematik am Beispiel von Soja aus Brasilien« ins Leben gerufen,
das während der dreijährigen Projektdauer Vertreter aus den Bereichen Landwirtschaft, Futtermittelindustrie, Wissenschaft und Forschung,
Regierungen, NGOs und Konsumenten zu einem gemeinsamen Dialog zusammenbrachte, um die gravierende Situation in beiden Ländern zu analysieren
und Handlungsperspektiven für einen nachhaltigen Sojahandel zu entwickeln.
Die Nitrat- und Stickstoffbelastung des Bodens und der Gewässer durch den Sojaimport,
die Auswirkungen der Gentechnik in der Sojaproduktion, die Zertifizierung nachhaltig produzierter Sojabohnen in Brasilien und die Erhöhung ihrer
Marktchancen sowie die Förderung des Anbaus heimischer Futtermittel in Deutschland waren grundsätzliche Bestandteile dieser Tagungen,
wodurch eine Vernetzung der Teilnehmenden ermöglicht wurde und sicherlich als Basis zu weiteren gemeinsamen Aktionen dienen wird. Vom 6. bis
8.November 2002 fand die abschließende Tagung des Projekts statt, wozu eine gesamte Dokumentation mit der Veröffentlichung von
Beiträgen, Studien und Ergebnissen herausgegeben wurde.
Es handelt sich sicherlich um die ausführlichste, aktuellste und intensivste
Auseinandersetzung zur Sojaproblematik überhaupt, die die wichtigsten sowohl brasilianischen wie deutschen Akteure der
»Sojakette« an einen Runden Tisch brachte, um gemeinsam die vielseitigen Probleme auszuarbeiten und mögliche Lösungsperspektiven
aufzuzeigen, damit es vielleicht einfacher wird, zu sagen: »So ja so nein!?«
Antônio Inácio Andrioli
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