SoZSozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Dezember 2004, Seite 11

Gute Arbeit/Good Work

(Hg. J.Klute u.a.), Münster: Lit-Verlag, 376 Seiten, 29,90 Euro

Wer sorgt sich angesichts der hohen Arbeitslosigkeit noch darum, ob die Arbeit, die man hat, »gut« ist oder nicht? Wer fragt nach den Inhalten und Ergebnissen der Arbeit, wenn Bezahlung und Dauer anscheinend alleinige Maßstäbe sind oder werden? Aber dann: ein Buch von Kirchenleuten über Arbeit? Etwa »Bete und arbeite«?
Wer ohne Vorurteile in das genannte Buch einsteigt, wird überrascht von der breiten Behandlung der Frage nach »guter Arbeit«. Die Herausgeber von Gute Arbeit/Good Work fragten nämlich Menschen auf der Straße, bekannte und unbekannte Arbeitnehmer, Menschen in europaweiten Projekten, sammelten Stellungnahmen von Organisationen, die sich genau nicht mit dem gängigen ökonomischen Schema: »Hauptsache Arbeit — und dann um jeden Preis« abfinden und begnügen wollen. Es ist wahrlich keine »kirchliche« oder »religiöse« Abhandlung daraus geworden. Auch wenn einer der interessanteren Texte von Wolfgang Belitz biblische und protestantische Aspekte der menschlichen Arbeit erläutert — schließlich ist unsere Kultur und Geschichte ohne diese Quellen nicht richtig zu erfassen.
Ausgegangen ist das Buch von den Erfahrungen der Industrie- und Sozialpfarrämter im Kreis Gelsenkirchen, Herne und Recklinghausen mit dem Niedergang der industriellen Entwicklung in ihren Bereichen. Mit einer fantasievollen Aktion, einer Bodenzeitung auf öffentlichen Plätzen in den drei Städten, sammelten sie Reaktionen der Menschen auf provokante Thesen zur Arbeit und ließen sie selber ihre Meinung aufschreiben. Damit beginnt das Buch — es folgen Antworten auf eine Umfrage zum gleichen Thema von mehr oder weniger Prominenten aus dem Revier (auch Müntefering und Olaf Thon z.B.), und ein sehr engagierter Bericht über die Behandlung des Themas »Gute Arbeit« mit Schülern einer Hauptschule in Gelsenkirchen.
In der Folge kommen Theoretiker und Praktiker aus ganz Europa zu Wort, die das in Finnland entstandene »Projekt Gute Arbeit« aufreißen und Erfahrungen mitteilen. Der Band gibt dann einen Überblick über die Projekte von ILO, EU, Gewerkschaften und Kirchen, aber auch einen Beitrag von Attac in Europa, die sich für »Gute Arbeit« engagieren. Die entsprechenden Beiträge sind von Mitarbeitenden der jeweiligen Projekte verfasst.
Aus Polen kommt ein Beitrag, wie Studenten der heutigen Generation an ethische und praktische Aspekte der Arbeit herangehen, aus Tschechien ein Beitrag über die Versuche, Frauen mit Heimarbeit und prekärer Arbeit einzubeziehen und aus Österreich eine Arbeit über »Gut leben, gut arbeiten«mit Erfahrungen aus der Altenpflege, Betroffene und Beschäftigte gleichermaßen einzubeziehen. Eine Dokumentation der wichtigsten Stellungnahmen zum Thema aus den evangelischen Kirchen in Deutschland seit 1955 runden den Band ab.
Wer immer sich mit diesem Thema in Kommunen, Schulen oder Gruppen gerade auch außerhalb der Kirche auseinandersetzen möchte, findet in diesem Band viele Anregungen, manche guten Gedanken und vielleicht den einen oder anderen Hinweis auf unerwartete Bündnispartner.

Rolf Euler

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