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Die sog. neue Linkspartei in Deutschland geht ihren Weg nach wie vor mit
beachtlicher Rasanz. Mittlerweile sind in allen Bundesländern Landesorganisationen gebildet worden und
Ende November fand in Nürnberg die ordentliche Bundesdelegiertenversammlung des Vereins
»Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit« statt. Gut 6000 Mitglieder haben sich bis
heute als Vereinsmitglied registrieren lassen und nehmen derzeit an einer Mitgliederurabstimmung auf dem
Postweg teil, wo die Frage, ob der WASG-Verein in eine gleichnamige Partei umgewandelt werden soll, mit Ja
oder Nein beantwortet werden kann. Das Ergebnis so viel ist nach der Nürnberger Konferenz klar
wird zwischen eindeutig und einstimmig liegen. Die WASG-Anhängerschaft will eine neue
Linkspartei und das so schnell wie möglich.
Es gab auf der Nürnberger Konferenz noch
mehr zu erkennen. Die große Mehrheit des WASG-Vereins will eine echte Linkspartei. Eine Partei, die
anders ist als die bestehenden Parteien, die sich aktiv in den Widerstand gegen die Agenda 2010 der
Bundesregierung einschaltet, die an der Seite von Arbeiterkämpfen wie jüngst im Opelkonzern steht
und die sich der weltweiten Bewegung gegen die kapitalistische Globalisierung verbunden fühlt.
Gleichzeitig soll diese Partei in ihrem inneren Funktionieren sehr basisorientiert und demokratisch sein
und dabei nicht nur die von der Grünen in ihrem radikalen Anfangsstadium thematisierten Fragen erneut
aufgreifen wie Ämterhäufung, Rotation, Frauenquotierung, sondern noch darüber hinausgehen
und insbesondere die neuen Möglichkeiten einer direkten Basisdemokratie, die sich aus Internet und
neuen Medien ergeben, ausnutzen.
In der Aussprache über die Tätigkeit
des bisherigen Vorstands wurde in Nürnberg allerdings auch deutlich, dass in dem Verein nicht geringe
Kräfte wirken, die das Projekt in eine andere Richtung treiben wollen. Es ist festzustellen, dass die
heftige Anfangsbegeisterung für das Projekt einer neuen Linkspartei merklich nachgelassen hat. Die
großen Medien haben ihren Anfangsschrecken schnell abgelegt und neigen überwiegend zum
Verschweigen der WASG-Vorgänge. Die Eintritte neuer Mitglieder sind nur noch vereinzelt. Sehr viele
vom Projekt WASG zunächst aufgerüttelte Interessierte warten erst einmal ab. Ein
beträchtlicher Teil der organisierten Linken, ohne den eine neue Linkspartei von Beginn an
beinamputiert wäre, hat die Unterstützung eingestellt oder zurückgefahren. Und vor allem:
das erfreulich erfrischende Hineinwirken der WASG in die spröde offizielle Gewerkschaftsbewegung hat
schon wieder nachgelassen.
Dieses Abklingen der Anfangsbegeisterung ist
zu einem wesentlichen Teil bewusst oder unbewusst von führenden WASG-Vertretern herbei organisiert
worden. Nicht wenige Führungskräfte versuchen, den Verein und die kommende Partei wie einen
Gewerkschaftskongress der alten Art aufzubauen. Die Führungsriege gibt zigfach durchgekaute und
langweilige Vorgaben in Sachen Programm, Statut und öffentlichen Erklärungen, und möglichst
niemand soll andere Töne anschlagen oder gar widersprechen.
In die Mikrofone der bürgerlichen Medien
wird die vor allem von Gewerkschaftsbürokraten bekannte und so viele Aktive in die Verzweiflung
treibende staatsmännische Zurückhaltung geübt. Da will man plötzlich nicht mehr
»Linkspartei« sein oder platziert solch haarsträubende Floskeln, dass die WASG in »der
Mitte des linken Lagers stehe«. Auf mehreren örtlichen und regionalen Schauplätzen spielen
sich zusätzlich einzelne WASG-Leute wie kleine Autokraten auf und sehen in der WASG ihr eigenes
Fürstentum, das von allen plebejischen Elementen gereinigt werden muss. Der Bundesvorstand sieht sich
völlig grundlos genötigt, mittels Kommissaren in Landesverbände hinein zu regieren, wie vor
allem in Berlin geschehen.
Der Verein WASG hat in Nürnberg und auf
danach folgenden Treffen beschlossen, an den Landtagswahlen im Mai in NRW teilzunehmen. Auch dies geschah
gegen den eigentlichen Willen mehrerer der Bundesgrößen. Der Beschluss ist allerdings kaum noch
zu kippen. In den NRW-Städten und -Orten laufen die Aktionen schon auf Hochtouren. Das hat zwar etwas
von einer »Augen-zu-und-durch-Taktik«, aber es sind sehr viel Begeisterung und Elan zu
spüren.
Thies Gleiss
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