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»Das andere Davos«, der jährliche Gegenkongress zum Weltwirtschaftsforum ist dieses Jahr
erstmals verboten worden. Das ist eine historisch neue Qualität.
Die Geschichte des Weltsozialforums ist eng
verbunden mit den jährlichen Schweizer Mobilisierungen gegen den Weltwirtschaftsgipfel (WEF). Erstmals
hatten sich 1999 eine Handvoll Protestierende vor dem Kongresszentrum in Davos eingefunden mit dabei
Leute aus Chiapas, weil der mexikanische Staatspräsident zugegen war. Parallel dazu hatte Attac die
Initiative zu einem Gegenkongress (»Das andere Davos«) ergriffen auf einer Plattform, auf
der weltweit soziale Bewegungen, Frauenorganisationen, Basisgewerkschaften usw. eingeladen wurden. Daraus
ist dann die Idee eines Weltsozialforums entstanden, das zwei Jahre später erstmals in Porto Alegre
statt gefunden hat. Dies ist der symbolische Hintergrund: Die jährliche Mobilisierung ist der
konzentrierteste Ausdruck des Kampfs gegen den Neoliberalismus zumindest in der Schweiz, aber mit
starker internationaler Ausstrahlung.
Von Beginn an waren die Mobilisierungen
allerdings nicht einfach, von Beginn an waren wir aus denselben Gründen mit massiver Polizeirepression
konfrontiert, insbesondere als es darum ging, in Davos selbst zu demonstrieren. Die Geschichte dieser
Mobilisierungen erwies sich als jährlich zunehmende Polizei- und Militärpräsenz mit
entsprechenden Siegesmeldungen der Regierung, die regelmäßig dafür gesorgt hat, dass wir gar
nicht bis Davos selbst, sondern nur in einen Vorort gekommen sind, um dort eingekesselt, zusammengeschlagen
und mit Tränengas besprüht zu werden.
Der diesjährige Versuch der Bewegung,
bewusst auf diese Art Guerrilla zu verzichten und unter Einbeziehung der Gewerkschaften und anderer
Kräfte eine breitere Mobilisierung inklusive einer Großdemonstration in Bern anzustreben, die
auch Ausdruck der momentan in der Schweiz herrschenden sozialen Unzufriedenheit und Wut werden sollte, ist
jedoch gescheitert. Wir es nicht geschafft, das Bündnis tatsächlich zu verbreitern; die
Gewerkschaften und die institutionellen linken Kräfte haben sich dem Protest nicht angeschlossen und
sich in der Demovorbereitung auch nicht solidarisch gezeigt.
Das hat nun der Berner »rot-
grünen« Stadtregierung die Vorlage für ihre repressive Antwort geliefert, die so nicht
erwartet worden ist. Nach dem anfänglichen Verbot, wollte »Rot-Grün« schließlich
nur eine Kundgebung in Bern zulassen was jedoch die totale Bewegungsunfreiheit bedeutet hätte.
Das Vorbereitungsbündnis hat daraufhin die Demonstration abgesagt und statt dessen eine Reihe
kreativer Aktionen friedlichen zivilen Ungehorsams gegen das Demoverbot und für die
ursprünglichen Forderungen beschlossen.
Zugleich wurde allerdings angeblich aus
Sicherheitsgründen auch der Gegenkongress verboten. Das hat die politische Stimmung
schließlich doch noch zum Kippen und die Gewerkschaften auf die Barrikaden gebracht. Die
Stadtregierung hat offensichtlich die breite Trägerschaft des »anderen Davos«
übersehen. Wenn auch in anderen Räumen, so findet der Gegenkongress nun doch statt.
Diese Vorgänge zeigen uns, dass das
politische Klima in der Schweiz schärfer wird und wie tief sich gerade die Gewerkschaften auf einen
Diskurs eingelassen haben, der die Globalisierungsgegner in die Schublade der Gewaltbereiten steckt.
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