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Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, März 2005, Seite 1

Sommers Schlussverkauf

In Frankreich streiken und demonstrieren sämtliche Gewerkschaften vereint gegen den Versuch, die 35-Stunden-Woche zu kippen. Und hierzulande? Da bezeichnet DGB-Chef Michael Sommer in einem Interview mit dem Spiegel die Proteste gegen die Agenda 2010 im vergangenen Jahr indirekt als einen »Fehler«: »Wir haben es nicht verstanden, unsere Position und unsere eigene Reformagenda differenziert darzustellen.«
Tatsache ist, dass der DGB keine eigene Reformagenda gegen Lohn- und Sozialabbau hat. Vielmehr stimmt er jetzt in den Chor derer ein, die schon immer verkünden: Es gibt keine Alternative. Erstens sei der Weg zu einem »Sozialstaat, der nicht mehr den Lebensstandard sichere« unumkehrbar eingeschlagen. Zweitens sei dafür nicht die Wirtschaft verantwortlich, der es nur um Gewinnmargen und Aktienkurse geht, sondern der »Sachzwang«: angeblich heißen die Ursachen demografische Entwicklung, anhaltende Massenarbeitslosigkeit und Globalisierung. »Deshalb müssen wir darüber diskutieren, was der Sozialstaat noch finanzieren kann.«
Der DGB macht sich dafür stark, einen Teil der Zahlungen der Bundesagentur für Arbeit aus Steuermitteln zu finanzieren, »um die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu senken«. Zur Finanzierung sollen die Steuern für Großunternehmen erhöht werden. Aber wenn der DGB Hartz IV nicht hat verhindern können, wie will er dann Steuererhöhungen für Unternehmen durchsetzen? Wahrscheinlicher ist, dass der DGB dann die Mehrwertsteuererhöhung mittragen wird, die im Gespräch ist. So wie Ver.di jetzt die Arbeitszeitverlängerung im öffentlichen Dienst mitträgt, und die IG Metall die Lohnsenkungen in der Automobilindustrie mitgetragen hat.
Das ist der Ausverkauf nicht nur des Sozialstaats, sondern auch der Gewerkschaften durch die Modernisierer. Wo der Weg der Kapitulation einmal beschritten ist, gibt es kein Halten mehr. Auch das ist eine Lehre aus der Weimarer Republik. Wir haben die Wahl, ob wir tatenlos zusehen wollen, oder ob wir für grundsätzlich andere Gewerkschaften kämpfen.

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