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Die Proteste gegen Hartz IV gehen weiter: Montagsdemonstrationen finden
weiter statt, Erwerbsloseninitiativen rufen auf, die Umsetzung der Hartz-Gesetze zu beobachten und richten
Webseiten dafür ein, 1-Euro-Jobber organisieren sich in Berlin und Hamburg. Für den 14.Februar
wurde ein »Tag der Rechenschaft« ausgerufen, an dem in Leipzig Erwerbslose der SPD ihre eigene
Bilanz von Hartz IV vorgelegt haben.
Mit der sog. Arbeitsmarktreform Hartz IIV versprach die SPD-geführte Bundesregierung, es
würden Arbeitsplätze geschaffen und Sozialhilfebezieher auch finanziell besser gestellt. Nichts
von alledem ist eingetreten. Mittlerweile ist die Zahl von 5 Millionen Erwerbslosen auch offiziell
erreicht. Weitere zwei bis 3 Millionen Erwerbslose werden in der Statistik gar nicht erst erfasst. Ihre
finanzielle Lage hat sich durch die Einführung von Hartz IV in den ersten Wochen des Jahres 2005
dramatisch verschlechtert, die der meisten bisherigen Sozialhilfebeziehern ebenfalls. Das beklagen unisono
sämtliche Betroffene.
Bei der Festlegung der Berechnungsgrundlage
des Regelsatzes (ALG II) wurde zudem bewusst gemogelt. Zum Leben unabdingbar notwendige Ausgaben wurden
nicht berücksichtigt. Nach Überprüfungen der Sozial- und Lebenshaltungskosten durch Experten
hätten Erwerbslose über 200 Euro mehr unabdingbar notwendige Ausgaben, als ihnen zugebilligt
werde. Mehrere Dutzend Einzelpositionen seien im Regelsatz gar nicht enthalten. Nicht umsonst kommen alle
Erwerbslosengruppen, gleich welcher Richtung sie angehören, immer wieder zum Schluss, dass ein
alleinstehender Erwerbsloser heute allermindestens 800 Euro zum Leben braucht.
In einer gemeinsamen Stellungnahme
erklären die Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen (KOS), die
Bundesarbeitsgemeinschaft der Erwerbslosen- und Sozialhilfeinitiativen (BAG-SHI) und das Tacheles e.V.
entgegen den Bekundungen der Bundesagentur für Arbeit seien die Fälle, bei denen ALG II nicht
rechtzeitig gewährt wurde, keine Ausnahmeerscheinung.
Immer wieder meldeten sich bei den
Beratungsstellen und Telefonhotlines Betroffene aus dem gesamten Bundesgebiet, die noch Ende Januar weder
einen Bescheid noch eine Leistung erhalten haben. In Berlin sollen ca. 23000 Bescheide verloren gegangen
sein. Die Software A2LL läuft noch immer nicht reibungslos, vielerorts sind die Leistungsträger
überlastet und die Mitarbeiter wurden, wenn überhaupt, im Schnellverfahren geschult.
Etwa 90% der Bescheide, die den unabhängigen Beratungsstellen vorgelegt wurden, sind nach dem
Bekunden dieser Verbände fehlerhaft. Die häufigsten Berechnungsfehler werden bei der
Einkommensbereinigung und den Freibeträgen gemacht, die vom Einkommen abzusetzen sind. Sehr oft werden
auch Mehrbedarfszuschläge für Alleinerziehende, Schwangere oder Behinderte, die die Leistung
erhöhen, nicht berücksichtigt. Häufige Fehler werden auch bei der Leistungsberechnung
für die Bedarfsgemeinschaft gemacht, das Sozialgeld wird vergessen oder Kindergeld doppelt als
Einkommen gerechnet. Rechtswidrig werden Unterhaltsverpflichtungen innerhalb von Haushalts- oder
Wohngemeinschaften konstruiert.
Flächendeckend werden Unterkunftskosten
gekürzt oder die Betroffenen aufgefordert, ihre Kosten durch Umzug zu senken, auch wenn die Miete
durchaus dem normalen Niveau entspricht. In vielen Fällen wird nicht einmal die gesetzlich vorgesehene
sechsmonatige Karenzzeit beachtet, in der die tatsächlichen Unterkunftskosten in voller Höhe
übernommen werden müssen. Das Problem wird sich noch verschärfen, wenn nach sechs Monaten
die Karenzzeit abläuft und Erwerbslose zum Wohnungswechsel gezwungen sind. Auch die Übernahme der
Kosten von Heizbrennstoffen bereitet vielerorts Probleme.
Die Bescheide sind oft unverständlich und
für die Betroffenen nicht nachvollziehbar und überprüfbar. Das verstößt gegen
geltendes Recht, denn nach dem SGB X muss ein Verwaltungsakt nachvollziehbar begründet sein.
Das neue Gesetz bietet keine verbindlichen
Angebote zur Qualifizierung von Arbeitslosen. Zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt sind lediglich
Ermessensleistungen ohne Rechtsanspruch vorgesehen und die werden nur vergeben, wenn die Kassenlage
es zulässt.
Während einige Erwerbslosengruppen eine
deutliche Heraufsetzung des Regelsatzes fordern, haben sich die Gruppen, die am Runden Tisch der
Erwerbslosen- und Sozialhilfeorganisationen zusammengeschlossen sind, auf die Forderung »Recht auf
Existenzsicherung mit und ohne Arbeit« geeinigt. Diese Forderung bleibt aktuell, auch dann, wenn die
Regierung meint, die Hartzgesetze über die Bühne gebracht zu haben. Sie betrifft bei dem
dramatischen Verfall der Löhne auch nicht allein Erwerbslose, sondern in zunehmendem Maße die
Beschäftigten.
Angela Klein
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