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Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, März 2005, Seite 12

KPÖ

Ende der Tragikomödie?

Die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) wurde in den bürgerlichen Medien stets als eine Partei dargestellt, die zwar politisch keinen Einfluss besitzt, aber ungeheuer reich ist und sich einen aufgeblähten Parteiapparat leistet. Mit dem Verkauf eines Hauses in Wien, in dem sich ein autonomes Sozialzentrum befand, tat die KPÖ alles, um diesem Ruf gerecht zu bleiben.

Im Januar 1992 wurde »die KPÖ-eigene Handelsfirma ›Novum‹ von der Treuhand mittels Bescheid unter bundesdeutsche Obhut gestellt. Schließlich gehöre die 1951 gegründete Gesellschaft, die jahrzehntelang für die Vermittlung von Ostgeschäften Provisionen kassierte zum Wirtschaftapparat der SED. So musste nun der neudeutsche Staat gar nicht erst beweisen, dass das Geld nicht der KPÖ gehört, sondern umgekehrt die KPÖ, dass die Gelder nicht der Bundesrepublik gehören. An die 250 Millionen Euro wollte die BRD sich aneignen. Das dürfte nun gelungen sein«, beschrieb der Freitag im Oktober 2003 den finanziellen Einbruch der KPÖ.
Nun war für die KPÖ ein »Sparkurs« angesagt, weil das Parteivermögen für die Anwaltskosten verwendet werden musste. Im Jahr 2004 wurden 40 Parteiangestellte entlassen, die Wochenzeitung Volksstimme eingestellt und eine Diskussion über notwendige Strukturen begonnen.
Die KPÖ befand sich plötzlich — sowohl innerhalb der politischen Landschaft Österreichs als auch innerparteilich — in einer widersprüchlichen Situation:
Einerseits konnte die KPÖ trotz Beteiligung an der breiten Oppositionsbewegung von 1999—2001 gegen die Wenderegierung aus Haiders FPÖ und Schüssels ÖVP keine Unterstützung bei Wahlen finden. Bei den Nationalratswahlen 2002 erhielt die KPÖ mit etwas mehr als 27.500 Stimmen gerade mal 0,6% der Stimmen. Für die meist jüngeren Aktiven der Bewegung bot die KPÖ keine Perspektive, für die Älteren waren die Erfahrungen mit der Unterstützung der stalinistischen Regimes, mit versuchter Instumentalisierung der Friedensbewegung, mit artistischen Schwenks in der Anti-AKW-Bewegung (»Für sozialistische Atomkraftwerke!«), mit bürokratischen Tricksereien in Bündnissen und mit allzu zögerlicher Abkehr vom Stalinismus verbunden.
Kurz vor den EU-Wahlen 2004 bemühten sich die KPÖ und andere Linke um eine linke Plattform: Die »LINKE Opposition — Europäische Linke, KPÖ und Unabhängige« war geboren, erreichte aber bloß enttäuschende 0,7%. Die Aktiven der globalisierungskritischen Bewegung in Österreich waren an dem Wahlprojekt kaum interessiert. Der Druck, vor allem seitens der KPÖ, in traditioneller Manier rasch eine Liste vor den Wahlen auf die Beine zu stellen, statt sich auf eine längerfristige Projekte in einer offenen, linken Plattform zu verständigen, hatte nicht viel mehr als Frust und Ärger eingebracht.
Zweitens gehen mehrere tiefe Risse durch die KPÖ: Die sog. »Reformer« um den Parteivorsitzenden Walter Baier gaben öffentlich an, an der Gründung einer »österreichischen Rifondazione« interessiert zu sein. Diese Gruppe war es, die sich am Sozialforum beteiligte, die zwar die KPÖ in die Europäische Linkspartei führte, aber auch an Treffen der Europäischen Antikapitalistischen Linken teilnahm, und die das Verhältnis der KPÖ zum Stalinismus hinterfragte. Am 33.Parteitag der KPÖ im Dezember 2004 konnte diese Gruppe die Mehrheit erringen, sie stellt nun alle 19 Mitglieder des Bundesvorstands.
Vorangegangen waren dem Parteitag allerdings Streit, Anrufung österreichischer Gerichte und gegenseitige Beschimpfungen auf tiefstem Niveau. Ein von der Opposition anvisierter »oppositioneller Parteitag« kam nicht zustande. Kurz vor dem Parteitag beschlossen alle oppositionellen Gruppen, keine Delegierten zu entsenden, was die nunmehr homogene Zusammensetzung der Parteiführung erklärt.
Zur Opposition zählt die steirische KPÖ, die mit einem Parteiaufbaukonzept über Betriebs- und Kommunalpolitik zumindest einige regionale Wahlerfolge vorweisen kann, sich allerdings an keinen Bewegungen beteiligt.
Die innerparteiliche Opposition der Grazer KPÖ ging so weit, dass sie die »LINKE Opposition«, immerhin ein Projekt ihrer Parteiführung, bei den EU-Wahlen nicht unterstützte und sich auch nicht am KPÖ-Parteitag beteiligte.
Eine Oppositionsgruppe anderen Kalibers ist die »Kominform-Gruppe«, die sich in ihren Äußerungen durch Gehässigkeit und Intellektuellenfeindlichkeit auszeichnet. Im Grunde trauert diese Gruppe der Periode des Stalinismus nach, und sie verhöhnt bis heute die Opfer des Stalinismus.
Völlig ohne vorherige Diskussion, auch innerhalb der KPÖ, wurde im November 2004 das »Ernst-Kirchweger-Haus« durch den Parteivorsitzenden Walter Baier und den Finanzreferenten Michael Graber verkauft. Das ehemalige Wiener Schulgebäude im Besitz der KPÖ stand leer, bis 1990 eine Gruppe von Autonomen das Haus besetzte. Nach zähen Verhandlungen erhielten die EKHler einen Prekariatsvertrag, die Aktivitäten in dem Haus nahmen rasch zu: Kulturinitiativen, politische Migrantengruppen, autonome Gruppen fanden eine Heimstatt, und auch Wohnräume für Flüchtlinge wurden eingerichtet.
600.000 Euro erzielte die KPÖ. Ein Aufschrei ging durch die Linke und auch durch die KPÖ. Kulturschaffende traten aus der Partei aus. Die Kominform-Gruppe, die 1990 noch mit »proletarischen Rollkommandos« gegen die Besetzer vorgehen wollte, kritisierte die Parteiführung wegen des undurchsichtigen Verkaufs. 1200 Menschen demonstrierten in Wien ihre Solidarität mit dem EKH. Die KPÖ erinnerte sich nun des alten Arguments »Antikommunismus« und denunzierte alle Kritiker — auch in der »LINKEn Opposition« — als antikommunistisch.
Wie ein Blitz schlug die Veröffentlichung eines Teils des Finanzberichts auf der KPÖ-Webseite ein: Die KPÖ hatte wenige Wochen nach dem Verkauf des EKH auch noch ein Bürogebäude in Wien verkauft, das ihr 17 Millionen Euro einbrachte — und die KPÖ besitzt in ganz Österreich noch weitere 25 Immobilien. Selbst nach Abzug von Hypotheken bleiben mehrere Millionen Euro übrig, was die 600.000 Euro aus dem EKH-Verkauf zu »Peanuts« macht und erneut Spekulationen über die tatsächlichen Motive entstehen ließ.
Was steht am vorläufigen Ende der Tragikomödie? Ein Teil der EKHler harrt in dem verkauften Gebäude aus, eine gewaltsame Räumung durch die Polizei ist zu befürchten. Ein Teil der Linken — vor allem in Wien — besteht darauf, die KPÖ politisch zu isolieren, bis sie den EKHlern Ersatzräumlichkeiten zur Verfügung stellt. Klar, dass dadurch auch das Projekt der »LINKEn Opposition« vor dem Ende steht, vor allem weil sich viele der Aktiven von der KPÖ hintergangen fühlen, die einer Kooperation der Linken das Wort redete, hinter deren Rücken aber das EKH verscherbelte, um ihren Apparat zu finanzieren. Für viele Linke — nicht aber für die KPÖ — ist es moralisch nicht zu rechtfertigen, Politik mit Geld aus dem EKH-Verkauf zu machen. So schließt sich der Kreis: Die KPÖ ist wieder eine millionenschwere Partei, die sich erneut in die politische Isolation manövriert hat.

Boris Jezek, Wien

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