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Zum 41.Mal trafen sich vom 11. bis 13.2. etwa 250 hochrangige Gäste,
unter ihnen UN-Generalsekretär Kofi Annan, Donald Rumsfeld und Hilary Clinton, für die über
4000 Polizisten abgestellt wurden, zur Münchner Sicherheitskonferenz. Wie im vergangenen Jahr standen
auch diesmal der Nahe Osten und die Zukunft der NATO im Mittelpunkt der Diskussionen. Aus
medienkosmetischen Gründen hatte man der Konferenz den Untertitel »Frieden durch Dialog«
verpasst.
Kanzler Schröder ließ, vom Grippevirus niedergestreckt, seinen Adlatus Struck eine Rede
verlesen, die für reichlich Irritation sorgte, denn er behauptete, »die NATO ist nicht mehr der
primäre Ort, an dem die transatlantischen Partner ihre strategischen Vorstellungen konsultieren und
koordinieren«. In typischer Manier verlangte er auch sogleich die Einsetzung einer Expertenrunde, um
Vorstellungen für eine Überwindung der konstatierten Krise zu erarbeiten.
Struck und Fischer hatten alle Hände voll
zu tun, dem Eindruck entgegenzutreten, Schröder habe »die NATO schwächen« wollen. Doch
in der Tat hat die US-Politik im Irak und in Afghanistan die Axt an die Wurzel des Bündnisses gelegt.
Diplomatische Beschwichtigungsmanöver werden die Risse nicht kitten können. Denn noch nie zuvor
hatten sich die USA die ihnen ergebenen europäischen Regierungen für ihre »Koalition der
Willigen« einzeln ausgesucht und die Abweichler (besonders Frankreich und Deutschland) beiseite
geschoben.
Auch machen sie starken Druck, die
Umrüstung der osteuropäischen Armeen mit US-Systemen vorzunehmen, was der europäischen
Rüstungsindustrie missfällt. Die Stützpunkte in Mitteleuropa sollen bis auf geringe Reste
nach Osten verschoben werden. Dass solche Maßnahmen das Misstrauen steigern und nach dem Ende des
Ostblocks den Zusammenhalt der NATO nicht gerade befördern, ist offensichtlich.
Gegen die Konferenz gab es auch dieses Jahr eine Reihe von Gegenveranstaltungen im Gewerkschaftshaus und
Eine-Welt-Haus, sowie eine Demonstration, an der sich immerhin fast 7000 Menschen beteiligten, darunter
sehr viele junge Leute. Die Rekordbeteiligung der beiden vergangenen Jahre wurde diesmal aber nicht
erreicht, zum einen, weil viele aktuell keine direkt drohende Kriegsgefahr sehen, zum andern, weil der
Dresdner Naziaufmarsch zahlreiche mögliche Demonstranten ein anderes Ziel wählen ließ. Die
Demo wurde erneut von einem massiven Polizeiaufgebot begleitet und die Beamten schritten wegen
lächerlicher Kleinigkeiten brutal ein; es kam zu 49 Festnahmen. Es wird somit zahlreiche juristische
»Nachspiele« geben.
Die größte Gegenveranstaltung mit
etwa 500 Teilnehmenden fand im großen Saal des alten Rathauses statt. Dort redeten Horst-Eberhard
Richter zum »Feindbild Islamismus«, der indische Friedensforscher Balkrishna Kurvey über
»Perspektiven globaler Gerechtigkeit« aus der Sicht eines Landes des Südens und der
österreichische Friedensaktivist Gerald Oberansmayr aus Linz über die »Militarisierung der
EU«.
Da Oberbürgermeister Ude (SPD) der
Friedensbewegung den städtischen Saal nur zur Verfügung stellen wollte, wenn die DKP nicht Teil
des Aufruferkreises bliebe, kam es im Vorfeld zu Auseinandersetzungen darüber, ob man diese Bedingung
»schlucken« solle. Da die Mehrheit dies schließlich tat, zog sich Attac zu Recht von der
Veranstaltung zurück.
Paul Kleiser
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