SoZSozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, April 2005, Seite 9

WASG

Offenheit, Vielfalt und Demokratie

In einem offenen Brief an den Bundesvorstand und an Aktive der »Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit« argumentiert einer ihrer Initiatoren, RALF KRÄMER, gegen die Ausgrenzung sozialistischer Strömungen.

Einige Mitglieder des Bundesvorstands und weitere Aktive fordern die pauschale Ausgrenzung bestimmter weiter links stehender Gruppen. Sie begründen das mit der Auffassung, dies sei die Bedingung für die Bildung einer von einem breiteren politischen Spektrum getragenen und für breitere Bevölkerungsschichten wählbaren Partei. Sie versuchen zu vermitteln, diese Auffassung sei die der aktiven Gewerkschafter und ehemaligen Sozialdemokraten in der ASG, nur dies entspräche der ursprünglichen Idee der Bildung einer neuen wählbaren sozialen Alternative. Diese Behauptungen sind falsch.
Unsere Organisation ist aus der Verbindung von zwei Initiativen entstanden, die im letzten Frühjahr an die Öffentlichkeit getreten sind. Beide waren auf die Entwicklung einer sozialen Alternative zum neoliberalen Umbau der Gesellschaft gerichtet. Durch die unerwartet große Medienresonanz haben sich viele Interessierte mit unterschiedlichen Ausgangspositionen dem Projekt mit eigenen Ansprüchen auf demokratische Mitgestaltung angeschlossen. Damit flexibel und konstruktiv umzugehen, ist einigen nicht leicht gefallen. Dabei ist festzuhalten, dass die Zielsetzungen beider Ausgangsinitiativen in der bisherigen Entwicklung und Programmatik der Wahlalternative bzw. der Partei »Arbeit und soziale Gerechtigkeit« insgesamt im positiven Sinne aufgehoben sind.
»Zu präsentieren wäre im Kern ein sozial, ökologisch und emanzipativ ausgerichtetes Zukunftsprogramm einer alternativen Wirtschafts- und Sozialpolitik, wie es in entsprechenden Kreisen (Gewerkschaften, Memorandum-Gruppe, sozialistische und andere linke Gruppierungen usw.) seit Jahren diskutiert und wird … Aber auch die anderen zentralen Anliegen der demokratischen Bewegungen müssen aufgegriffen werden (v.a. Frieden, Ökologie, Frauen, Globalisierungskritik, offener Bildungszugang, Wissenschaftskritik, Interessen der Migranten). Hier sind bei allen Differenzen genügend Gemeinsamkeiten vorhanden. Diese Positionen fortschrittlicher sozialer und politischer Kräfte müssen populär dargestellt werden, um Massen zu mobilisieren. Es geht nicht um eine neue explizit linkssozialistische Partei.« (Für eine wahlpolitische Alternative 2006.)
Im Zuge der bisherigen Programmdebatte ist es gelungen, diesen Ansatz im Programm der neuen Partei umzusetzen. Die Debatte ist nicht abgeschlossen, sondern wird weiter geführt, nur so sind Lernprozesse und eine programmatische Formierung der Partei zu erreichen. Die Voraussetzung für solche positiven Prozesse ist eine politische und argumentative Auseinandersetzungen in gegenseitiger Anerkennung unterschiedlicher Positionen.
Nicht diejenigen, die für Offenheit, Vielfalt und Demokratie eintreten, verlassen den ursprünglichen Konsens zur Bildung der »Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit«, sondern die, die administrativ ausgrenzen und die Kontrolle über die politische und personelle Entwicklung und Führung der Partei ausüben wollen.
Es wäre ganz falsch, die Kontroverse als eine zwischen Gewerkschaftern und ehemaligen Sozialdemokraten einerseits und radikaleren Linken andererseits zu betrachten. Zwar vertreten insbesondere einige IG-Metall-Funktionäre die autoritär-zentralistische Position, aber die Mehrzahl der in der ASG aktiven Gewerkschafter und der früheren Sozialdemokraten vertritt sie nach meiner Einschätzung nicht.
Wenn sich über gewerkschaftsfeindliche Auffassungen einiger Leute innerhalb der ASG beklagt wird, ist zunächst festzustellen, dass diese ganz überwiegend aus der politischen Mitte oder bisher nicht politisch organisierten Teilen der Mitgliedschaft kommen. Diese Menschen müssen wir überzeugen, dass die Gewerkschaften von zentraler Bedeutung für eine sozial orientierte Politik sind. Autoritäres Gehabe von Gewerkschaftern schüren die Vorbehalte gegenüber Gewerkschaften, statt sie abzubauen.
Das administrative Durchziehen bestimmter Positionen von oben kann in einer pluralen, demokratischen, auf freiwilligem und ehrenamtlichem Engagement von Menschen beruhenden politischen Organisation grundsätzlich nicht funktionieren. Es ist eine völlige Fehleinschätzung, das sei nur eine taktische Frage, die von radikaleren linken Kräften im Eigeninteresse nach vorne geschoben werde. Die überwiegende Mehrheit der Mitglieder und der Aktiven ist nicht bereit, autoritäre Allüren und bürokratischen Zentralismus von Vorständen hinzunehmen. Erpressungsversuche mit Rücktritts- oder Austrittsdrohungen werden zurecht nicht akzeptiert. Führung kann und darf nur auf dem Wege von Kommunikation, Diskussion und Überzeugung ausgeübt werden. In dieser Hinsicht wäre eine stärkere Führungsfähigkeit des Bundesvorstands wünschenswert — autoritäres Verhalten bewirkt aber das Gegenteil.

www.w-asg.de

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