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Die Regierungspartei Venezuelas, die Bewegung für die Fünfte
Republik (MVR) hat für die Aufstellung ihrer Kandidaten bei den Wahlen zur Nationalversammlung, zu den
Distrikt- und Gemeindeversammlungen eine Frauenquote von 50% beschlossen. Sie wird erstmals bei den
kommenden Distrikt- und Gemeinderatswahlen im Juni und bei den Wahlen zur Nationalversammlung im kommenden
Dezember angewandt.
Der Kampf gegen die Unterdrückung der
Frau ist Teil des Programms von Staatspräsident Hugo Chávez zur Bekämpfung der Armut. Nach
seiner Wahl hatte Chávez bekannt gegeben, eine neue Nationalversammlung auf der Grundlage einer
Volksbefragung über eine neue Verfassung wählen zu lassen.
Die Konstitutionelle Front von Frauen der MVR
wurde gebildet, um Kandidatinnen für die Konstituierende Versammlung aufzustellen und Frauen
dafür zu organisieren, dass sie Forderungen an diese Versammlung formulierten.
An diesem Prozess beteiligten sich Tausende
von Frauen, darunter Feministinnen, frühere Guerillakämpferinnen, Hausfrauen, Berufstätige
und Mitglieder von Frauenorganisationen.
Die neue venezolanische Verfassung, die im
Dezember 1999 angenommen wurde, bestimmt, dass Frauen volle Bürgerrechte genießen; sie wendet
sich gegen Diskriminierung, sexuelle Belästigung und häusliche Gewalt. Sie ist die einzige
Verfassung in Lateinamerika, die erklärt, dass Hausarbeit eine wirtschaftlich produktive
Tätigkeit ist und deshalb Hausfrauen ein Anrecht auf soziale Leistungen haben (Art.88).
Damit bricht Venezuela mit gesellschaftlichen
Normen und einer kapitalistischen Ideologie, die eine Wertschöpfung allein profitabwerfenden
Unternehmen beimisst.
All diese Maßnahmen bedeuten eine nicht
zu unterschätzenden Beitrag im Kampf gegen den Machismo.
70% der Armen in Venezuela sind Frauen. Sie
stellen den überwiegenden Teil der Arbeitskräfte im informellen Sektor, in dem die Hälfte
der erwerbstätigen Venezolaner beschäftigt sind. Die Überwindung der Armut ist daher eine
materielle Voraussetzung für die Herstellung wirklicher Gleichheit für Frauen.
Regierungsprogramme wie das öffentliche Beschäftigungsprogramm zur Bekämpfung der
Erwerbslosigkeit, das hauptsächlich in der Bauindustrie Arbeitsplätze schafft, erreichen aber
viel mehr Männer als Frauen.
Im März 2001 wurde eine Frauen-
Entwicklungsbank gegründet. Sie hilft Frauengruppen, die vor Ort ihren eigenen Kleinbetrieb
gründen wollen, mit günstigen Krediten. Die Bank unterstützt die Frauen auch mit einem
sozialen Netzwerk, dessen Vertreterinnen wöchentlich in die Gemeinden fahren und dort den Frauen
helfen, ökonomisch machbare Projekte zu formulieren und potenzielle Kunden ausfindig zu machen. Sie
bieten auch zahlreiche Bildungsveranstaltungen an.
Im Jahr 2000 gründete Chávez das
Nationale Institut für Frauen. Es unterhält eine kostenlose Hotline für Frauen, die Opfer
häuslicher Gewalt geworden sind, und eine Zufluchtsstätte für Frauen, die um ihr Leben
fürchten. Das Institut bildet Polizeioffiziere, Rechtsanwälte und Ärzte in Genderfragen und
in Fragen häuslicher Gewalt gegen Frauen aus.
Diese Maßnahmen für sich genommen,
würden an der Lage der Frauen nicht viel ändrn das beweisen ähnliche Programme in
anderen Teilen der Welt, wie Bangladesh. In Venezuela sind sie aber eingebettet in eine riesige
Massenmobilisierung und einen Prozess der Selbstorganisation von Frauen.
Sarah Wagner
www.venezuelanalysis.com
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