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Anfang April erklärte der Vorstandsvorsitzende von Karstadt-Quelle,
Achenbach, seinen Rücktritt als er die Auseinandersetzungen mit dem Aufsichtsratvorsitzenden
Middelhoff leid war. In der Presse war vorher zu lesen gewesen, die Krise des Konzerns habe sich
verschärft, Achenbach wäre deshalb nicht mehr tragbar.
Der eigentliche Grund wird allerdings sein,
dass Middelhoff seinen Einfluss auf die Firmenpolitik ausweiten will. Middelhoff ist Teilhaber eines
Finanzfonds und möchte über eine Beteiligung des Fonds an Karstadt-Quelle Geld in die eigene
Tasche schaufeln. Der neue Vorstandsvorsitzende, so lies der Aufsichtsrat verlauten, werde international
ausgeschrieben. Es wäre aber sehr verwunderlich, wenn der Neue nicht aus dem Umfeld des Fonds
käme.
Dabei hat auch Middelhoff nie behauptet,
Achenbach habe seinen Job schlecht gemacht. Er hat die beschlossenen Maßnahmen Ausgliederungen,
Verkäufe etc. wie vorgesehen umgesetzt. Die Logistik wurde von DHL übernommen, die 75
kleinen Häuser in die Karstadt-Kompakt ausgegliedert, die Versandhändler Quelle und Neckermann
neu positioniert und die Lebensmittelabteilungen von Karstadt an die Rewe-Gruppe verhökert. Die ersten
drei Filialen von Sinn-Leffers sollen noch im ersten Halbjahr geschlossen werden. Karstadt-Kompakt wird
noch in diesem Jahr für 220 Millionen Euro an einen »Finanzinvestor« verkauft.
Achenbach wird aber vorgeworfen, er habe die
Umstrukturierungen und den Personalabbau zu langsam vorangetrieben. Für Beschleunigung soll der nun
als Koordinator im Vorstand eingesetzte Harald Pinger sorgen. Der ursprünglich bis 2007 geplante Abbau
von 5700 Beschäftigten soll nach Möglichkeit schon in diesem Jahr abgeschlossen sein. Allein im
ersten Quartal diesen Jahres haben 1800 Beschäftigte ihren Arbeitsplatz verloren. Die möglichen
Auswirkungen der Verkäufe von Unternehmensteilen sind da noch nicht mitgerechnet. Die
Veräußerung von Karstadt-Kompakt und Sinn-Leffers/Wehmeyer wird nochmals mit einem erheblichen
Verlust an Arbeitsplätzen einhergehen.
Leider ist nicht zu erwarten, dass Ver.di und
die Betriebsräte nennenswerten Widerstand gegen diese Entwicklung entfalten. Einzelne
Betriebsräte mit kämpferischer Tradition sind eher eine kleine Minderheit. Und die
Betriebsräte der im Konzern verbleibenden Häuser sind der Auffassung, dass der Kelch an ihnen
vorüber gegangen ist, und deswegen sei alles geregelt.
Eine Alternative zur Akzeptierung des
Restrukturierungsprogramms ist weit und breit nicht in Sicht. Sie müsste die Verfügungsgewalt der
Kapitalseite in Frage stellen. Aber mit dem Sanierungstarifvertag vom letzten Jahr hat Ver.di das Programm
abgesegnet. Dass die Kapitalseite jetzt das Tempo verschärft, ist nur logisch.
Helmut Born
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