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Place des Cinéastes heißt einer der größeren Plätze im
Zentrum von Ouagadougou, der Hauptstadt Burkina Fasos, das bis 1984 Obervolta hieß. Übersetzt
heißt das soviel wie »Platz der Filmemacher«. In der Mitte steht eine Riesenskulptur, die aus
lauter übereinandergeschichteten stilisierten Filmrollen besteht. So etwas gibt es noch nicht einmal in
Hollywood. Der Platz macht sichtbar, dass wir uns im Mekka des afrikanischen Films befinden, wo seit 1969 alle
zwei Jahre das »Festival Panafricaine du Cinéma de Ouagadougou« (FESPACO) stattfindet.
Das Festival steht in diesem Jahr unter dem etwas sperrigen Motto »Gestaltung und Ziele der
Professionalisierung«. Aber schon dieses Motto macht die Unterschiede, die es zwischen nordamerikanischer
und europäischer Filmherstellung sowie der afrikanischen Filmproduktion gibt, deutlich. In den meisten
Ländern Afrikas außer Ägypten und in jüngerer Zeit Südafrika gibt es
keine Filmindustrie. In vielen Ländern gibt es noch nicht einmal Kinos. Der riesige Tschad z.B. hat nur
ein Kino im französischen Kulturinstitut in der Hauptstadt NDjaména. Das kleine Burkina Faso
ist da vergleichsweise gut ausgestattet. Das Festival findet in zwei recht neuen Kinos, dem Cine Burkina und
dem Cine Neerwaya, statt. Außerdem gibt es noch zwei Freilichtkinos und den Saal im französischen
Kulturinstitut. Auch in anderen Städten Burkina Fasos gibt es Kinos. So ist Burkina Faso nicht durch
Zufall zum Ort des FESPACO geworden, obwohl es eines der ärmsten Länder der Welt ist.
Aber wie in allen Ländern des subsaharischen
Afrikas, mit Ausnahme Südafrikas, werden auch hier pro Jahr höchstens fünf Filme produziert. Die
meisten Regisseurinnen und Regisseure leben in Europa und die meisten Darstellerinnen und Darsteller sind
insofern »Laien«, als dass sie von der Schauspielerei nicht leben können. Der Dokumentarfilm
AlLeessi schildert das Leben der mittlerweile 55 Jahre alten Schauspielerin Zalika Souley aus dem Niger.
Sie war in den 70er Jahren der erste weibliche Star des afrikanischen Kinos. Heute lebt sie in einer
Zweizimmerwohnung ohne Elektrizität und fließendes Wasser, die Schauspielerei hat noch nicht einmal
ihre Altersversorgung gesichert. Welch ein Kontrast zum Luxus der Hollywoodstars!
Doch trotz dieser materiellen Beschränkungen
gelang es schwarzafrikanischen Regisseuren immer wieder, bemerkenswerte Filme zu drehen. Außerhalb Europas
sind sie aber meistens nur einer kleinen Gemeinde von Cinephilen bekannt und auch in Afrika selber finden sie
zumeist kein großes Publikum. Außerhalb des FESPACO werden bspw. auch in den Kinos von Ouagadougou
überwiegend Blockbuster aus Hollywood und Schnulzen aus »Bollywood«, den
Filmproduktionsstätten im indischen Bombay (heute Mumbai), gezeigt. Die großen Studios aus den USA
und Indien beherrschen den afrikanischen Filmmarkt. Professionalisierung ist also dringend notwendig, damit
afrikanischer Film keine Nische für westeuropäische Cinephile bleibt, sondern das große Publikum
findet, dass er dies gerade auch in Afrika selber verdient.
Zurecht feierte sich das afrikanische Kino beim
diesjährigen FESPACO auch selber, genauer gesagt sein 50-jähriges Bestehen. 1955 realisierte Paulin
Soumanou Vieyra den Film Afrique sur Seine, den ersten schwarzafrikanischen Film. Vorher gab es nur den
kolonialistischen und/oder ethnografischen Blick der Europäer auf Afrika oder den Kontinent als exotische
Kulisse für Hollywoodproduktionen.
Bis in die 60er Jahre kontrollierten und
zensierten die europäischen Kolonialherren den afrikanischen Film. In den 60er und 70er Jahren
verstaatlichten mehrere afrikanische Länder die Filmdistribution. Doch in den letzten Jahren wurde auch in
diesem Bereich privatisiert, sodass heute der Vertrieb von afrikanischen Filmen meistens in der Hand
nichtafrikanischer Firmen ist. Das führt dazu, dass afrikanische Filme oft nur auf Festivals oder in
Filmreihen von Filmclubs und Programmkinos zu sehen sind. Einen Verleih finden sie in der Regel nicht.
Finanziert werden sie deswegen häufig durch öffentliche Gelder, die im frankophonen Afrika meistens
aus Frankreich stammen und in letzter Zeit zunehmend von der EU, die beim FESPACO auch einen Spezialpreis
vergibt. Auch das fördert nicht gerade die Unabhängigkeit der afrikanischen Cineasten.
Eine Ausnahme bildet Südafrika. Beim
diesjährigen FESPACO war der ehemalige Apartheidstaat mit vier Filmen im Wettbewerb vertreten. Drum gewann
den Hauptpreis, den goldenen »Etalon de Yennenga« und auch die anderen drei Filme wurden
ausgezeichnet. In Südafrika ist mittlerweile eine kleine Filmindustrie entstanden. Zwar sind die
südafrikanischen Produktionen glatter und haben ein höheres Tempo, als man das sonst von
afrikanischen Filmen gewöhnt ist. Es gelingt ihnen aber trotzdem sehr eindrucksvoll, Probleme der
Bewältigung der historischen Apartheid und der Post-Apartheid-Gesellschaft darzustellen. Das macht
Hoffnung darauf , dass Professionalisierung nicht mit kommerzieller Verflachung einher gehen muss.
Es bleibt zu hoffen, dass der afrikanische Film
seinen Weg zwischen Nischenkino für europäische Intellektuelle und völliger Kommerzialisierung
im Stil von Holly- und Bollywood finden wird. Das diesjährige FESPACO bot einige hoffnungsvolle
Ansätze.
Andreas Bodden
Weitere Infos: www.fespaco.bf und www.filminitiativ.de.
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