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Arno Klönne hat mit seinem Plädoyer für Kommunikation und
Zusammenarbeit der Linken eine Debatte wieder in Gang gebracht, die dringend erforderlich ist. Angesichts
eines Kapitalismus, der, befreit vom Druck des Realsozialismus und starker Gegenkräfte, wieder voll
nach den Regeln funktioniert, die Karl Marx einst in den Grundzügen analysiert hat, drängen die
Verhältnisse selbst in Richtung einer »Zieldebatte«. »Dass er [der Kapitalismus] nicht
abgeschafft wird«, liegt, wie es in der FAZ vom 31.Januar zu Recht in einer Rezension zur marxschen
Analyse hieß, schließlich daran, »dass er keine organisierten Gegner hat, die der Rede wert
wären«. Diese grundlegende Schwäche der Linken, die im Kern eine politische Schwäche
der abhängig Beschäftigten ist, muss ein wichtiger Ausgangspunkt sein. Ein Schönreden
verstellt den Blick auf die Größe der politischen Aufgaben. Es hätte auch
verhängnisvolle politisch-strategische Konsequenzen. Es wird keinen anderen Weg geben, als diesen
Zustand der Schwäche zu verändern Schritt um Schritt.
Bemühungen, die Linke in einem Prozess
der Selbstfindung und des praktisch-politischen Kampfes wieder zu einer Kraft zu machen, die diesen Namen
tatsächlich verdient, treffen im Vorfeld der Bundestagswahlen auf hoffnungsvolle Entwicklungen. Sie
sehen sich aber auch mit vielfältigen Irritationen konfrontiert.
Es gibt die Chance, dass sich gegen das
Einreißen des sozialstaatlichen Gebäudes, gegen den Demokratieverfall und die
Kriegführungspolitik eine ernsthafte parteipolitische Kraft formiert. Zumindest nach den bisherigen
Erklärungen ist sich die sich abzeichnende Linksallianz in einer wichtigen Grundfrage einig: Grundlage
linker Politik können nur die Interessen der abhängig Beschäftigten und Arbeitslosen sein.
Zugleich wollen aber viele wieder zur Linken
gehören. SPD-Politiker geißeln den Raubtierkapitalismus und warnen die Verfechter einer linken
Wahlpartei vor der »Spaltung der Linken«. Die Grünen wollen in den Wahlkampf als
»moderne Linkspartei« ziehen. Die Initiatoren der neuen Linkspartei wiederum vermeiden peinlichst
jede Kritik an der Teilhabe der PDS in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern bei derem »Wegräumen von
Sozialstaatlichkeit«.
Ich bin mit Arno Klönne sehr
einverstanden, dass es nicht um das Mitmachen bei diesem Etikettenschwindel geht, sondern vornehmlich um
einen Brückenschlag zwischen der bekanntermaßen zersplitterten » alten Linken” und den neuen
sozialen Bewegungen.
Aber damit ist das Problem des politischen und
konzeptionellen Profils einer neuen kommunikativen und handlungsfähigen Linken noch nicht
geklärt. Die Opposition gegen Sozialabbau und Kriegführungspolitik wäre da ganz wichtig.
Aber reicht das aus?
Natürlich kann es nur um ein offenes
Projekt und nicht um eine geschlossene Veranstaltung gehen. Ein Zusammenfinden des tatsächlich linken
Potenzials wird aber mittel- und längerfristig nur dann Erfolg haben, wenn man eine taugliche
Handlungsorientierung von links erstreitet. Ausgangs- und Bezugspunkt dafür aber wird nur die
Gesellschaftstheorie und -analyse von Karl Marx als in den Grundzügen nach wie vor aktuelle politische
Wissenschaft von den Möglichkeiten einer progressiven Weltveränderung sein können. Man muss
das Fahrrad nicht zum zweiten Mal erfinden wollen.
Dabei geht es vor allem darum, die
ökonomischen, sozialen und politischen Strukturen unserer Gesellschaft in einer Welt des entfesselten
Kapitalismus zu analysieren, deren Widersprüche zu erhellen, um von da aus eine realistische linke
Politik zu entwickeln. Dass man die Erkenntnisse der wichtigsten Schüler von Marx zu beachten hat, ist
selbstverständlich. Es ist Zeit, die Welt erst einmal wieder richtig zu interpretieren, wenn man sie
denn verändern will.
Ganz offensichtlich leben wir in einer Zeit,
da entlang des Widerspruchs zwischen Kapital und Arbeit soziale Polarisierung deutlich zunimmt. Ob und
inwieweit sich damit nicht nur hin und wieder spontaner, sondern auch dauerhafter, also organisierter
Widerstand ein für das Kapital »ernsthafter Gegner« entwickelt, wird nicht
zuletzt von einer vernetzten und aktionsfähigen Linken« abhängen. Das aber verlangt gerade
auch: in den Bewegungen, in den linken Medien und überhaupt Klartext zu reden. Aktuell ist eine zweite
Aufklärung. Wenn andere über die Fehler der Politik und der Politiker reden, müssen wir
über den Kapitalismus als einer ganzheitlichen Profitgesellschaft, über dessen Gesetze und seine
Funktionsweise sprechen.
Politik ist in der antagonistischen
Klassengesellschaft eine kontroverse Angelegenheit. Sie ist vor allem keine autonome Sphäre. Man kann
nicht einfach mit etwas gesellschaftlichem Druck das von vielen mittlerweile erkannten »Primat der
Wirtschaft« durch das Primat der Politik ersetzen. Sicherlich gibt es keine »Allmacht des
Kapitals«, und das alles hängt mit dem derzeitigen politischen Kräfteverhältnis
zusammen, aber noch mehr mit der Struktur der kapitalistischen Gesellschaft. Ohne eine wirklich
einflussreichen Gegenmacht »protokollieren« Gesetzgebung und Staat nun einmal »das Wollen
der gesellschaftlichen Verhältnisse« (Marx).
Einer der großen und erfolgreichen Linken
der Vergangenheit hatte sicherlich Recht, als er schrieb, dass die Menschen in der Politik »immer die
einfältigen Opfer von Betrug und Selbstbetrug« waren und sind, »solange sie nicht lernen,
hinter allen möglichen moralischen, religiösen, politischen und sozialen Phrasen,
Erklärungen und Versprechungen die Interessen dieser oder jener Klassen zu finden« (Lenin).
Eine erneuerte Linke bedarf der Kommunikation
und sie braucht auch eine linke Zeitung. Aber gibt es nicht gerade in beiden Richtungen recht
hoffnungsvolle Ansätze? Besteht nicht das Hauptproblem vor allem darin, diese deutlich zu erweitern
und zu verstetigen? Da gibt es die EAL, die Europäische Antikapitalistische Linke. Seit eineinhalb
Jahren läuft ein »marxistischer Dialog« zwischen verschiedenen Richtungen der »alten
Linken« in Gestalt der Leverkusener Gespräche, bei denen auch Vertreter der Bewegungen dabei
waren. Die SoZ war jeweils Mitveranstalter. Acht Jahre ist es her, dass eine große Marxismus-Konferenz
stattfand, aber es wird sicherlich viel Zuspruch finden, wenn demnächst eine zweite folgt. Und besteht
nicht bereits eine linke Zeitung, die »bewegungsorientiert« und auf einem hohen Niveau um den
»Brückenschlag« bemüht ist? Sollte nicht die Hauptkraft darauf konzentriert werden, das
Profil, den Einfluss und die Verbreitung der jungen Welt, aber auch der SoZ, von Ossietzky usw. zu
stärken?
Ekkehard Lieberam
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