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In der diesjährigen EU-Debatte in Dänemark war die Linke mit einem
eigenständigen Profil und einer betont internationalistischen Ausrichtung vertreten.
Die traditionelle dänische Nein-zur-EU-Bewegung hat bei den Parlamentswahlen im Jahr 2004
einen Rückschlag erlitten. In den nachfolgenden Monaten gab es daraufhin heftige Auseinandersetzungen
innerhalb der »Juni-Bewegung« und innerhalb der Sozialistischen Volkspartei (SF); neue linke
Initiativen haben sich gebildet, und der Aufschwung der Rot-Grünen Allianz hat einen neuen
Anziehungspunkt geschaffen.
12 Jahre nach ihrer Gründung hat die traditionelle Spaltung, die es zwischen der Juni-Bewegung
(ihrem Selbstverständnis nach Pro-Europa und Anti-EU) und der Volksbewegung (mit der Losung:
»Dänemark raus aus der EU«) gibt, eine neue Wendung erfahren.
Die Volksbewegung war jahrelang Mitglied der
Fraktion der Vereinigten Linken/Nordische Grüne im Europaparlament. Die Juni-Bewegung hingegen
versuchte unter der Führung ihres langjährigen Europaabgeordneten Jens Peter Bonde, sich mehr und
mehr als eine politische Kraft der Mitte zu positionieren; dabei scheute sie auch nicht vor Bündnissen
mit der rechtsextremen UK Independence Party aus Großbritannien zurück. Dieser Zustand wurde
für den linken Flügel der Juni-Bewegung zum Schluss unerträglich, zumal ihm noch Veteranen
aus der Zeit des Kampfes gegen den Nationalsozialismus angehören.
Die Juni-Bewegung verlor bei den Europawahlen
zwei Abgeordnete und über die Hälfte der Stimmen. Im April 2005 hat sie sich gespalten. Einige
der Ausgetretenen gründeten die »Denkfabrik« Ny Agenda und einen politischen Verein, der
sich »Herausforderung Europa« nennt. Diese beiden Gruppen haben sehr rasch Mitglieder gewonnen,
die in anderen Organisationen gegen den internationalen Neoliberalismus aktiv sind wie Attac, die
Rot-Grüne Allianz und die SF.
Bei den Wahlen zum dänischen Parlament am 8.Februar dieses Jahres erlitt die SF erneut eine
Wahlniederlage. Mit 6% der Stimmen und 11 Abgeordneten stellt sie heute nur noch die Hälfte dessen
dar, was sie einmal auf ihrem Höhepunkt in den 80er Jahren war. Im Verlauf der 90er Jahre verwandelte
sie sich unter dem Vorsitz von Holger K. Nielsen immer stärker in eine Pro-EU-Partei mit
reformistischen Positionen in Bezug auf die EU. Im Januar stimmten die Parteimitglieder in einer
Urabstimmung noch zu 63,8% für die EU-Verfassung. Fünf Monate später ergab eine Urabstimmung
über den neuen Parteivorsitzenden 59% für Villy Søvndal, ein bekannter Vertreter des linken
Parteiflügels, der erst kürzlich zum Ja übergetreten ist. Er muss nun lavieren. Die
Parteijugend ist wieder zur Nein-Position übergetreten und hat ein Bündnis mit der offiziellen
Nein-Fraktion in der SF geschlossen. Beide Strömungen arbeiten jetzt im Verein »Herausforderung
Europa« eng mit der Rot-Grünen Allianz zusammen.
Die Rot-Grüne Allianz (Enhedslisten De Rød-Grønne) konnte bei den Parlamentswahlen im
Februar die Zahl ihrer Mandate verdoppeln und erhielt mit 3,4% ihr bestes Ergebnis überhaupt. Seither
hat sie 1000 neue Mitglieder gewonnen (40%). Sie zählt jetzt 3600 Mitglieder und strotzt vor
Selbstvertrauen. In der Kampagne um die EU-Verfassung hat sie sich viel vorgenommen. Während sie zuvor
im Rahmen der Juni-Bewegung oder der Volksbewegung agierte, hat sie nun eine eigenständige Kampagne
geführt. Deren Schwerpunkt lag ganz klar auf der Solidarität mit der linken französischen
und niederländischen Nein-Kampagne.
Der Trend zu einem »Nein von Links«
nährt sich zum Teil aus dem Wunsch, einen Gegenpol zur rechtsextremen, populistischen Dänischen
Volkspartei (DF) zu bilden. Da die SF ins Lager des Ja übergegangen ist, gibt es nur noch zwei
Parteien im Parlament, die für das Nein eintreten: die Rot-Grüne Allianz auf der Linken und die
DF auf der Rechten. Die DF entwickelt mehr und mehr zugleich sozial- und fremdenfeindlich orientierte
Positionen. Die Rot-Grüne Allianz sah sich deshalb unter Druck, eine eigene Argumentation zur
Untermauerung des Nein zu entwickeln. Sie hat der rechten Propaganda ein sozialistische und
internationalistische Alternative gegenüber gestellt.
Es wächst das Verständnis für
die Notwendigkeit stärker international koordinierter Antworten, Debatten und Kampagnen, die
grenzübergreifend agieren und sichtbar machen, dass es ein anderes Europa geben kann.
Bjarke Friborg
Bjarke Friborg ist Kampagnensekretär der Rot-Grünen Allianz. (Übersetzung: Angela
Klein.)
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