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Ein Ratgeber für kleine Angestellte, Lohnabhängige, Lohnsklaven, Verdammte des
Tertiärsektors, Hilfskräfte des ökonomischen Prozesses, die von abgestumpften und
unterwürfigen Subchefs herumkommandiert werden und gezwungen sind, sich ganze Wochen lang wie ein
Kasper zu verkleiden und ihre Zeit mit nutzlosen Meetings und bescheuerten Seminaren zu verbringen?
Gefällt mir, dachte ich kaufte und wurde gar nicht enttäuscht.
Denn Corinne Maiers Pamphlet Von der Kunst bei der Arbeit möglichst
wenig zu tun ist eine köstliche Darstellung des eigentlichen Wesens jedes modernen Unternehmens samt
seiner Unkultur. »Das Unternehmen benutzt das Arbeitsrecht, um … es zu umgehen. Es nutzt alle
Möglichkeiten befristeter Einstellungen, der Verwendung von Zeitarbeitskräften und flexibler
Arbeitszeiten aus, die sich in sämtlichen Ländern der OECD entwickelt haben, und beschneidet so
Stück für Stück die sozialen Sicherheitssysteme, die Laufe eines Jahrhunderts der
Klassenkämpfe etabliert wurden.« Kurz gesagt: »Die Unternehmen verlangen zwar viel,
hüten sich aber vor Versprechungen und geben überhaupt keine langfristigen Garantien.«
Wobei dieser klare Sachverhalt durch die
Neusprache der Manager kaschiert wird: »Ich mache das follow-up des merging project mit einem coach,
ich checke das downsizing«, heißt nichts anderes, als dass sie Leute entlassen.
»Reengineering« ersetzt in vollem Umfang das Wort Umstrukturierung.
Das Besondere am vorliegenden Buch ist aber,
dass Maier sich nicht nur auf solche verbalen Attacken beschränkt, sondern auch praktische
Ratschläge zur Gegenwehr auf zwei Ebenen enthält: In kollektiver Form, indem der Beitritt zu
Gewerkschaften empfohlen wird, die zwar »ausgedünnt durch den unerbittlichen Schwund ihrer
Mitglieder ein wenig has been sind«, aber »doch manchmal eine entscheidende Rolle spielen, wenn
ein Konflikt eskaliert«; auf individueller Ebene, indem die Autorin »innere Kündigung«
empfiehlt und gleich in Punkte gegliedert Tipps mitliefert, wie man trotzdem überlebt, ja manchmal
sogar aufsteigt.
»1.) Der Arbeitnehmer ist die moderne
Variante des Sklaven. Besinnen Sie sich darauf, dass das Unternehmen nicht der Ort der Selbstentfaltung
ist, das hätten Sie gemerkt. Sie arbeiten für das Gehalt am Ende des Monats, punktum. 2.) Was Sie
tun ist letztlich zu nichts nutze, und Sie können von einem Tag auf den anderen vom erstbesten Idioten
ersetzt werden. Arbeiten Sie also so wenig wie möglich und verwenden Sie einen Teil Ihrer Zeit darauf,
›sich zu verkaufen‹ und sich ›ein Netz aufzubauen‹, sodass Sie im Fall einer
Umstrukturierung auf Unterstützung zählen können und relativ unangreifbar sind. 3.) Sie
werden nicht danach beurteilt, wie Sie Ihre Arbeit erledigen, sondern nach Ihren Fähigkeiten, sich
brav an das propagierte Modell anzupassen. 4) Nehmen Sie niemals und unter keinen Umständen einen
verantwortungsvollen Posten an. 5.) Wählen Sie stattdessen in den größten Unternehmen die
überflüssigsten Stellen: Beratung, Gutachten, Forschung, Untersuchung. Je nutzloser Sie sind,
umso weniger kann man Ihren Beitrag zur Schöpfung von Reichtum im Unternehmen quantifizieren. Meiden
Sie operative Posten wie die Pest. 6.) Haben Sie ein solches Plätzchen gefunden, dann vermeiden Sie
vor allem Veränderung. Nur die Exponiertesten unter den Angestellten werden gefeuert. 7.) Lernen Sie
an diskreten Anzeichen (Details an der Kleidung, schräge Witze, warmes Lächeln) diejenigen zu
erkennen, die wie Sie am System zweifeln und sich seiner maßlosen Absurdität bewusst geworden
sind. 8.) Wenn Sie Leute ›betreuen‹, die nur vorübergehend im Unternehmen sind, behandeln
Sie sie herzlich, denn Sie sollten nie vergessen, dass es die einzigen sind, die wirklich arbeiten.«
P.S. Corinne Maiers Arbeitgeber, der französische Energiekonzern EDF, rief seine Mitarbeiterin
zunächst zur Ordnung, stellte aber aufgrund der lauten Proteste in der Öffentlichkeit die
angestrengten Disziplinarmaßnahmen wieder ein.
Fritz Keller
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