SoZSozialistische Zeitung |
Waren sich noch viele Menschen nach der Wende 1989 sehr sicher, dass nun endlich das Gespenst des
Kommunismus zum Schrotthaufen der Geschichte geworfen worden sei, so können sie nun eines Besseren
belehrt werden. Dank der knorrigen Stimme des Schauspielers Rolf Becker, bekannt aus Film und Fernsehen,
ist es nun wieder ganz sinnlich auferstanden.
Nicht etwa aus Ruinen wurde es wieder zum
Leben erweckt, sondern aus einem Text von Marx und Engels, dem es, dank des Hörbuchs, in achtzig
Minuten gelingt, jedem an der Gesellschaft interessierten Menschen die Entstehung des Kapitalismus und der
modernen Bourgeoisie wissenschaftlich und verständlich zu erklären. »Die große
Industrie hat den Weltmarkt hergestellt.« Das hört sich doch ganz aktuell an! Müsste also
jeden »Globalisierungsgegner« interessieren, zumal die Existenz des Weltmarktes nicht nur
festgestellt wird, sondern es werden auch die inneren Widersprüche dieser Industrie bestens unter die
Lupe genommen, so der Widerspruch zwischen Lohnarbeit und Kapital, aus dem letztlich die modernen
Klassenkämpfe resultieren siehe den Bochumer Opelstreik 2004.
Doch das Hörbuch stellt mit einer zweiten
CD noch eine weitere Kostbarkeit zur Verfügung. Rolf Becker liest eine Einführung in das Manifest
von Eric J. Hobsbawn, die dieser 1998 anlässlich des 150.Geburtstags des Manifests geschrieben hatte.
Hier räumt er mit der Vorstellung auf, der Kapitalismus sei quasi wie ein Naturgesetz zum Untergang
verurteilt. Für die Autoren des Manifests sei der Mensch selbst Schöpfer seiner
gesellschaftlichen Geschichte gewesen. »Die Gräber«, so Hobsbawn, »öffnen sich
nicht allein, sie müssen von Menschen freigeschaufelt werden.« So ist das natürlich auch mit
dem Hörbuch. Es muss von Menschenhand aus seiner Hülle befreit werden, damit seine Ohren zwei
Stunden unterhaltsame und lehrreiche Signale ans hungrige Gehirn senden können.
Ein wunderschönes Buch mit sehr vielen unbekannten Fotos des 1928 in Argentinien geborenen
Ernesto Che Guevara, dessen Texte, ausgewählt aus Tagebuchaufzeichnungen, Interviews und Briefen des
Revolutionärs, einen Menschen zeigen, den etwas völlig anderes charakterisierte als die
egoistische Selbstverliebtheit des »American way of life«. Guevara war alles andere als ein
Fantast der Revolution. In einem Zeitungsinterview sagte er: »Ich glaube, dass ich eine Mission zu
erfüllen habe auf dieser Welt, und dieser Aufgabe muss ich alles opfern, jedes tägliche
Vergnügen, ein Zuhause, persönliche Sicherheit und möglicherweise auch mein eigenes Leben.
Das ist meine Verpflichtung, und von der kann ich mich nicht befreien, solange ich lebe. Ich spüre das
Leiden jedes Landes in Südamerika und überall sonst auf der Welt.«
Moderne Menschen werden über diese
charakterliche Prägung Guevaras sicher nur hochnäsig lächeln, doch es scheint nicht von
ungefähr, dass gerade viele junge Menschen Ches Konterfei mit Stolz auf ihren T-Shirts tragen. Sie
ahnen, dieser Mensch war anders, als die satten und klug schwätzenden Erwachsenden in unserem Land.
Dieser Bildband trägt sehr dazu bei, die
»Kult-Figur« Che in seiner menschheitsbezogenen Lebenseinstellung zu zeigen. Guevara war ein
Individuum im echten Sinne des Wortes das wird auf jeder Buchseite, mit jedem Foto deutlich ,
ein bewusster Teil der menschlichen Gattung. Er verschlang die Bücher der Weltliteratur, die Gedichte
der lateinamerikanischen Poeten und studierte von der Philosophie bis zur Ökonomie alle Schriften, von
denen er hoffte, mehr Erkenntnis über die konkrete Wirklichkeit Kubas zu erlangen.
»Ich habe mich mit Meister Hegel
herumgeschlagen und bin in der ersten Runde zweimal zu Boden gegangen. Wir haben eine Menge erreicht, aber
irgendwann werden wir auch denken lernen müssen.« Diese Zeilen finden sich in einem Brief an
Armando Hart, den er »Mein lieber Sekretär« nennt. Er entwickelt in diesem Brief einen
kompletten Schulungsplan für die kubanischen Revolutionäre, in dem weder Demokrit, Kant, Hegel,
Marx, Luxemburg noch die Theoretiker des Kapitalismus, wie bspw. Marshall, Keynes, Schumpeter fehlten.
Das Buch animiert jeden, der die Entfremdungen
des Kapitalismus zu spüren und fühlen vermag, mit Leidenschaft gegen diese zu kämpfen. Denn,
so schreibt Ernesto seiner geliebten Mutter: »Leidenschaft ist vonnöten für jedes große
Werk.«
Jürgen Meier
Informationen und Meinungen sollten keine Waren sein. Und Geld ist ein Fetisch.
Dennoch und ganz praktisch: Die Online-SoZ sieht nur umsonst aus. Wir brauchen Eure Euros.
Spendet steuerlich abzugsfähig!
VsP, Postbank Köln, BLZ 370100 50,
Kontonummer 603 95 04