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Geschichten um Verschwörungen funktionieren dann am besten, wenn sie auf
einen realen politischen Hintergrund aufbauen und zudem zeitnah zu den Erinnerungen der Leserschaft
konstruiert wurden. Dies ist Wolfgang Schorlau mit dem Roman Die blaue Liste vollauf gelungen.
Am 1.April 1991 wurde der Präsident der
Treuhandgesellschaft Rohwedder in seinem Düsseldorfer Privathaus von unbekannten Tätern
erschossen. Kurze Zeit später stürzt eine Maschine der Lauda Air in Thailand ab, unter den
über 200 Toten sind auch wissenschaftliche Berater der Treuhand. Zwei Jahre danach wird auf dem
Bahnhof in Bad Kleinen das RAF-Mitglied Grams erschossen.
Aus diesen drei Ereignissen konstruiert
Schorlau eine atemberaubende Geschichte als »Kampf zweier Linien« um die Abwicklung der DDR-
Betriebe. Ein wenig konstruiert wirkt die Auftragsvergabe an den ehemaligen BKA-Zielfahnder Georg Dengler
schon, der sich nach seinem Ausstieg aus dem Polizeiapparat in Stuttgart als Privatdetektiv
niederlässt und am Tag, nachdem seine Dienstleistungsanzeige in den Stuttgarter Nachrichten
veröffentlicht wurde, den Auftrag erhält, der die Ereignisse ins Rollen bringt: Der Freund von
Christiane Stein ist besorgt. Sie ist die Tochter eines der Opfer des Flugzeugabsturzes. Ihr Vater hatte
sie 1991 von Bangkok aus angerufen und ihr mitgeteilt, er hätte die Maschine verpasst. Deshalb sei sie
nach all den Jahren immer noch im Ungewissen, ob ihr Vater noch lebt. Dengler recherchiert und greift dabei
auf die alten Kontakte zum BKA zurück. Langsam kommt er dahinter, dass Rohwedder, der den Stahlkonzern
Hoesch ohne Massenentlassungen saniert hatte, versuchte, diese Linie auch bei der Treuhand durchzusetzen
und sich Professoren der Universität Innsbruck als Berater an seine Seite zu holen. Diese katholisch
geprägten Anhänger des Herz-Jesu-Marxismus begleiteten wissenschaftlich das seit 1945 bestehende
Selbstverwaltungsprojekt beim Industriebetrieb Matrei in Österreich und hatten vor, dieses Modell auf
ausgesuchte ehemals staatseigene Betriebe der DDR auszudehnen. Sie sollten eine exemplarische Alternative
zu der Ausverkaufspolitik der VEBs darstellen. Und sie hatten Gegner in der Treuhand, die dies mit allen
Mitteln zu verhindern suchten. Die RAF der 3.Generation ist in diesem Spiel eine tölpelhafte
Gurkentruppe, die nicht einmal in der Lage ist, ein halbwegs ordentliches Bekennerschreiben zu formulieren.
Wer die Krimis von Manuel Vázquez
Montalbán gelesen hat, dem werden einige Parallelen in der Gestalt des Georg Dengler und seinem
privaten Umfeld auffallen. Das lässt sich aber ertragen. Warum aber heutzutage Privatdetektive auch
gleichzeitig Musikspezialisten sein müssen hier ist es Blues entzieht sich dem
Besprecher.
Udo Bonn
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