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Ein Film, der fast ohne Worte auskommt und der eine wundervolle
Liebesgeschichte erzählt. Das ist Bin Jip, der neue Film des koreanischen Regisseurs Kim Ki-Duk.
Tae-suk ist ein merkwürdiger Einbrecher.
Er fährt mit seinem Motorrad durch die Gegend und verteilt Werbezettel. Wenn er dabei bemerkt, dass
eine Wohnung leer ist, zieht er ein und wohnt eine Weile dort. Er stiehlt nichts. Dabei trifft er Sun-hwa,
die unglücklich verheiratet ist. Sie folgt ihm und das Spiel wird zu zweit fortgesetzt. Die
Hausbesitzer, die die beiden gelegentlich doch antreffen, reagieren nicht sehr verständnisvoll und so
landet Tae-suk im Gefängnis und Sun-hwa wieder im Eheknast bei ihrem brutalen Mann.
Der Film lebt von seinen Bildern. Gesprochen
wird wenig und nur das Allernötigste. Schon ein Blick reicht und es ist klar, ob sich zwei Menschen
lieben oder hassen. Das Liebesspiel ist genauso wortkarg wie das Duell mit dem verhassten
Gefängniswärter. Das Erste ist wunderschön, das Zweite enthält Slapstickelemente, die
die Brutalität des Gefängniswärters ins Leere laufen lassen.
Tae-suk geht in Wohnungen aller Art. Von der
Luxusvilla bis zur kleinen Schachtelwohnung. So erhält man ebenfalls ohne viel Worte einen sozialen
Querschnitt der Stadt. In den Wohnungen spricht die Wohnungseinrichtung für die Besitzer, durch die
man über sie fast soviel erfährt, als wenn sie ihre ganze Lebensgeschichte erzählen
würden.
Der Film ist manchmal so traurig und
gleichzeitig so schön, dass man ganz beschwingt das Kino verlässt. Das wortlose
Einverständnis der beiden Protagonisten scheint das Geheimnis des Films zu sein. Diese vollkommene
aber nicht künstlich wirkende Harmonie ist wirklich traumhaft. In den weniger schönen Szenen des
Films tritt Gewalt an die Stelle der Worte. Diese Gewalt geht entweder von den Vertretern der Staatsmacht
oder von den Hausbesitzern aus. Tae-suk ist nur einmal unabsichtlich brutal, danach weint er. Die
Polizisten, Gefängniswärter und Hausbesitzer sieht man nie weinen. Sie bereuen ihre
absichtliche Brutalität nicht und am Ende verlieren sie. So ist der Film auch sehr
optimistisch. Die wortlose harmonische Liebe besiegt den herrschenden Hass.
In der Presseankündigung zum Film
heißt es: »Gemeinsam ziehen sie von einer leerstehenden Wohnung zur nächsten, bis die
Polizei ihrem anarchischen Treiben ein vorläufiges Ende bereitet…« Die Betonung liegt hier
auf vorläufig. Denn am Ende siegt die Anarchie im positiven Sinne des Wortes.
Es ist schwer, um einen Film, der mit so wenig
Worten auskommt, viele Worte zu machen, da die Gefahr besteht, ihn zu zerreden. Empfehlung: Unbedingt
reingehen und sich entführen lassen.
Andreas Bodden
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