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Der Hamburger Tierschutzverein ist eine 164 Jahre alte Institution und gehört seit langem zur wohlgelittenen feinen
Gesellschaft in der Hansestadt. Das lohnt ihm die Stadtkasse mit jährlich mehr als 1 Million Euro Zuschuss. So können sich die 8000 Mitglieder
einen Stab von 80 Hauptamtlichen leisten. Nur zum Vergleich: die WASG mit 11000 Mitgliedern, die sich dem Schutz anderer Opfer dieser Gesellschaft
verschrieben hat, hat vier bezahlte Teilzeitkräfte. Nun kam heraus, dass der Tierschutzverein jahrelang Besitzer einer Immobilie in der bekannten
Hamburger Bordellmeile »Herbertstraße« war und jährlich 25000 Euro Miete von einem Zuhälter kassierte.
So konsequent bigott sind die feinen Herrschaften an der Elbe: Tiere schützen, aber
Frauen auf den Strich schicken. Nicht bekannt ist, ob die Vereinsmeier etwa auch die teilrasierten Pudel, die von den geknechteten Frauen bei jedem Wetter mit
auf die Straße genommen werden, abends mit Selbstgestricktem versorgt haben.
Eine härtere Form der Konsequenz hat dagegen ein Arzt im westfälischen Unna
(woanders als in Westfalen können solche Blüten blühen?) gezeitigt. Als ein Bulle, pardon, ein Polizeibeamter, zu einer
Vorsorgeuntersuchung aufkreuzte, informierte ihn die Sprechstundenhilfe: »Der Herr Doktor behandelt keine Polizeibeamten.« Später
bekannte der Arzt, er hätte sich über die Polizei so sehr geärgert, dass er Fehler bei der Behandlung von Polizisten nicht ausschließen
könne, und seine Patienten suche er sich immer noch selber aus. Das kommt davon, wenn die Niederlassungs- und Behandlungsfreiheit einer
kapitalistischen Medizin bis in die Provinz vordringt.
Aber auch nein gerade als Anhänger einer Abschaffung der privaten
Medizinversorgung und Befürworter einer Verfassungsänderung, die es jedem verbietet, mit dem Leid anderer Menschen Geschäfte zu
machen, können wir die Polizeibeamtenallergie gut nachvollziehen. Wir hätten auch eine gegen bigotte Tierschützer und Zuhälter.
Man kann Konsequenz aber auch auf noch spitzere Spitzen treiben. Das haben gerade unsere
Freunde vom Revolutionär-Sozialistischen Bund (RSB) bewiesen. Monatelang haben sie mit ihrer Zeitung Avanti tapfer die politischen
Veränderungen in Deutschland weggeschrieben. Eine Abspaltung von der bürgerlichen Partei SPD könne automatisch auch nur eine
bürgerliche Partei sein, deshalb sei die WASG a priori von Übel. Und überhaupt bringe die Orientierung auf Wahlbeteiligung nichts, sondern
eine neue APO müsse her. Wahlteilnahme, Wählen, Wahlen alles ebenso eine Suppe wie SPD, CDU, WASG.
Das hat dann ein konsequenter RSBler oder Schelm wo ist da der Unterschied?
in der Avanti-Ausgabe vor den Bundestagswahlen in die bizarre Frontseitenüberschrift »Aktiver Widerstand statt Wahlen«
zusammengefasst. Es steht wirklich Wahlen, nicht Wählen und auch das wäre schon seltsam. So etwas tut natürlich weh.
So weh, dass das Politische Sekretariat des RSB sich nach den Wahlen veranlasst sah, eine
Erklärung abzugeben, dass diese Überschrift »nur ein Arbeitstitel« gewesen sei, der es »bis ins Endlayout« geschafft
hätte. Was findet dort in der Avanti-Redaktionsstube denn für ein Kampf statt?
Und trifft unsere Vermutung zu, dass es schon früher Buchstabenzusammenballungen
erfolgreich bis ins Endlayout geschafft haben, die nur das Zeug zum Arbeitstitel hatten, oder noch nicht mal das? Zum Beispiel der Titel aus der Juli-Nummer
über Palästina: »Eine Gesellschaft am Ende ein Traum wird Wirklichkeit«. Oder nur zwei Seiten weiter in der
Selbstkritiknummer der Titel zum Wahlausgang: »Die Wahl ist vorbei jetzt gilt es zu handeln«.
Lustigerweise ist diese Formulierung eingerahmt durch folgende Schönheiten:
»Nach der Wahl ist vor der Wahl« und »Die Forderungen, für die wir uns nach den Wahlen einsetzen, sind die gleichen für die
wir vorher eingetreten sind.«
Alles Gaga, oder was? Vielleicht sollten bei so viel Buchstabenverselbstständigung
angesichts von Wahlanalysen dann doch lieber die Wahlen abgeschafft werden, dann fällt das Wählen auch leichter und handeln kann man hinterher
immer noch.
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