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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, November 2005, Seite 6

Kongress der Gewerkschaftslinken

Gewerkschaftslinke auf dem Weg

Der Kongress der Gewerkschaftslinken Anfang Oktober stand im Zeichen des Einzugs der Linkspartei in das Parlament und im Zeichen der Erwartung auf weitere Kämpfe gegen die Arbeitsplatzvernichtung.

Ein kurzer Bericht des Arbeitskampfs bei AlstomPower stimmte die über hundert Teilnehmenden ein, sich nicht mit politischen Tagesfragen zu begnügen. Der Kongress verabschiedete den vom Alstom-Betriebsrat und der Vertrauenskörperleitung vorgelegten »Mannheimer Appell«, in dem es unter anderem heißt: »Wir rufen alle von Entlassungen oder Werksschließungen bedrohte Belegschaften und unsere Gewerkschaften auf: koordiniert den Widerstand über alle Grenzen hinweg!« Folgerichtig wurde auch eine Solidaritätsadresse an die streikenden französischen Fähr- und Hafenarbeiter auf Korsika mit großem Beifall verabschiedet.
Den Widerstand ohne Rücksicht auf nationale oder branchenbezogene Grenzen will die Gewerkschaftslinke seit ihrer Gründung fördern, die Erfolge sind allerdings nicht allzu groß. Immer wieder klingen die Erfahrungen der Arbeitskämpfe bei Opel Bochum, DaimlerChrysler und anderen Werken an, immer wieder aber werden auch Berichte und Erfahrungen von Rückschlägen vorgebracht, die vor allem in der Arbeitszeitfrage zu einem drängenden Problem geworden sind.
Die Gewerkschaftslinke besteht aus einem breiten Spektrum von politisch Aktiven, die in Betrieben versuchen, Bewusstsein und Widerstand zu organisieren und in den Gewerkschaften mehr sehen als einen Versicherungsverein, sowie Vertrauensleuten, Betriebsräten, Gewerkschaftsfunktionären, die an ihrer jeweiligen Position dasselbe versuchen. Aus diesen Reihen speist sich auch ein nicht unerheblicher Teil der Wahlalternative WASG, die mit der Linkspartei einen Wahlerfolg feierte. Der klang immer wieder an, mal skeptisch und kritisch, vor allem auch wegen der Beteiligung der PDS am Berliner Senat, mal positiv betont über die mit dem Wahlergebnis gewandelte »Großwetterlage« für die Linke in der ganzen Gesellschaft, auch in den Gewerkschaften, wo sie anscheinend auf offenere Ohren stoßen, wenn sie einen gegen das Regierungsprogramm von SPD und Grünen gewandten Kurs vertreten.
Der Kongress plante, eine Plattform zu verabschieden, mit der sich die Gewerkschaftslinke profilierter an die Öffentlichkeit begeben kann. Es gab eine Vorlage, deren Tonlage vielen eher zu sanft war, aber geforderte Änderungen sollen eingearbeitet werden. So wurde zwar nicht besonders kontrovers diskutiert, aber es war doch klar, dass die Spannbreite der Gewerkschaftslinken von alten und jungen kommunistisch/sozialistischen Menschen bis zu Radikalreformern und Linkspartei-Anhängern immer wieder zu anderen Akzenten führt, die solidarisch auszutarieren nicht leicht ist. Überzeugungen aus vielen politischen Ecken prallten so manchmal aufeinander, insgesamt blieb es aber bei einer solidarischen Diskussion.
Die nötige Überarbeitung der Plattform zeigte aber auf, dass die vorherige Diskussion noch nicht auf der Höhe der Zeit war. Kritisch wurde festgestellt, dass die internationale Wirkung des deutschen Kapitals und die daraus resultierende nötige Solidarität mit Kollegen jenseits der Grenzen nicht berücksichtigt war, ebenso wie die Tatsache, dass die Arbeiterbewegung hierzulande von den Erfahrungen und Kämpfen jenseits der Grenzen lernen muss und kann. Auch die Erfahrungen der oppositionellen Kolleginnen und Kollegen, die sich eher an der französischen SUD-Gewerkschaft orientieren, sollte nicht zu der sterilen Frage herabgezogen werden, raus oder rein in die Gewerkschaften. Es gibt eben weltweit Beispiele anderer Gewerkschaftsarbeit, als sie der DGB hierzulande für nötig hält. So wiesen insbesondere Kollegen aus dem Chemie-Kreis, die über viele internationale Beziehungen verfügen, auf die Notwendigkeit hin, sich mit südamerikanischen oder anderen Betroffenen mit klareren Worten zu solidarisieren und entsprechende Taten zu unterstützen.
Auch die Frage, wie man es mit den neuen Bewegungen hält, wie die Forderungen: »Die Welt ist keine Ware! Eine andere Welt ist möglich!« Zugang in die betrieblichen und gewerkschaftlichen Kreise findet, und sich mit den Fragen der Arbeitszeitverkürzung und Lohnpolitik in Betrieben und Gewerkschaften verbindet, war in dem Plattformvorschlag noch nicht berücksichtigt. Schließlich wiesen mehrere Redner darauf hin, dass die Gewerkschaftslinke mehr Verantwortung auch im Spektrum der sozialen Bewegungen habe, die sich im November zur Strategiekonferenz treffen. Eine andere Welt, nicht nur eine andere Politik in der BRD, ein besseres Leben, nicht nur eine andere gewerkschaftliche Forderungsliste, das scheint noch die Herausforderung für die Gewerkschaftslinke zu sein, der sie sich stellen muss, bei allen unbestreitbaren Chancen, die sie mit dem Einzug der Linken in den Bundestag auch bekommen hat und wahrnehmen sollte.
Aber die Basis einer Gewerkschaftslinken, der reale und wirkliche Widerstand, die wirkliche Bewegung, ist allemal wichtiger als die beste Plattform. Diese Bewegung wird die weitere Diskussion hoffentlich bestimmen und damit auch der Fraktion der Linkspartei für die Arbeit im Bundestag die nötigen Forderungen stellen.

Rolf Euler

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