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Es gab einmal eine gute Zeit, da erschien in der Rowohlt-Thrillerreihe Monat für Monat mindestens ein brillanter Krimi,
selten mehr als 200 Seiten stark. Die Trüffelschweine des Verlags gruben internationale Schätze aus und waren für lange Jahre tonangebend
in diesem literarischen Genre. In dem Maße, wie andere Verlage sich dem Krimi in all seinen Facetten öffneten, stieg der Ausstoß an
veröffentlichtem Mist an. Kaum noch ein Band, der es unter 400 Seiten tut, angefüllt mit quälenden Autopsiedetails, sich dahin ziehenden
Internetrecherchen, psychologischen Aufgeblasenheiten. Allein unter diesem Aspekt sind die Veröffentlichungen der NOIR-Reihe des Verlag Assoziation
A eine Wohltat. Deren neueste Produktion ist der Roman Statisten von Didier Daeninckx.
Valere Notermans, von dem wir nicht viel mehr erfahren, als dass er unglücklich
verheiratet ist, hängt nach seiner Arbeit in seiner Stammkneipe ab und gerät dort zufällig an einen Betreiber eines Stadtteilkinos. Jerome
Sisovath macht nach kurzer Zeit Pleite, das Fernsehen und die Pornowelle vertreiben das Stammpublikum. Aber Valere Notermans ist fasziniert vom Film und
reist über Jahre hin zu den kleinen französischen Festivals jenseits von Cannes, auf denen sein Freund Vorführer und kleiner Manager
geworden ist. Dabei machen sich beide lustig über die Blasiertheit und Dummheit der französischen Cineasten, der Kulturschickeria und der ihnen
lauschenden Presse. Am Rande eines Festivals wird ihnen von einem Trödler ein Filmausschnitt vorgeführt, der ihr filmhistorisches Interesse weckt:
Welcher Regisseur der 30er oder 40er Jahre könnte diese Schreckensbilder entworfen haben?
Daeninckx zeigt in diesem knappen Roman, dass die düsteren Geschichten etwa eines
Fritz Lang die Vorwegnahme viel größerer Verbrechen des 20.Jahrhunderts waren und dass die Täter sich nicht gescheut haben, diese auch
ästhetisieren zu wollen.
Udo Bonn
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