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Mit Drum kommt erstmals ein von einem »schwarzen«
südafrikanischen Regisseur gemachter Film über die Apartheid in die deutschen Kinos. Zola Maseko
hat in den 80er Jahren bei Umkhonto We Sizwe, der militärischen Organisation des ANC, gegen die
Apartheid gekämpft. Mit Drum präsentiert er seinen ersten langen Spielfilm. Beim afrikanischen
Filmfestival FESPACO 2005 in Ouagadougou (Burkina Faso) erhielt er den Hauptpreis, den goldenen
»Etalon de Yennenga«. Beim diesjährigen Filmfestival in München war Drum der
Eröffnungsfilm.
Südafrika in den 50er Jahren. Erst
wenige Jahre zuvor (1948) hatte die rassistische Nationalpartei unter der Führung von Daniel François
Malan und dem vom NS-Faschismus beeinflussten Hendrik Verwoerd die Macht übernommen. Sie hatte die
»Wahlen«, an denen nur der weiße also der von Europäern abstammende Teil
der Bevölkerung teilnehmen durfte, gewonnen.
Die radikalen burischen Nationalisten
verschärften die in Südafrika schon vorher bestehende Rassentrennung zur Apartheid. Die
Rassentrennung sollte so auf alle Bereiche des Lebens ausgedehnt werden. Bereits 1950 erließ die neue
Regierung den berüchtigten Group Areas Act, ein Gesetz, das streng getrennte Wohngebiete für die
Angehörigen der vier von der Regierung definierten »Rassen« (»Weiße«,
»Asiaten«, »Mischlinge« und »Schwarze«) bestimmte. Aufgrund des Gesetzes
wurden Tausende von »nichtweißen« Menschen vertrieben, die zuvor in gemischten Gebieten
gelebt hatten.
Aber es gab auch noch fortschrittliche
Stimmen wie das Magazin Drum unter der Leitung eines liberalen englischen Verlegers. Es entwickelte sich in
dieser Zeit von einem besonders bei der schwarzen Mittelschicht beliebten Boulevardmagazin zu einer
ernsthaften politischen Zeitung, die gegen die Apartheid Stellung nahm. Einen großen Anteil daran
hatten der schwarze Journalist Henry Nxumalo und sein deutschstämmiger Fotograf Jürgen
Schadeberg.
Der 1931 in Berlin geborene Schadeberg, der
1950 nach Südafrika ging, gilt als »Vater der südafrikanischen Fotografie«. Seine Fotos
aus den 50er Jahren porträtieren den Alltag der Apartheid ebenso wie berühmte
Persönlichkeiten aus Politik und Kultur, darunter Nelson Mandela und Miriam Makeba (siehe
www.jurgenschadeberg.com, sic!). Außerdem realisierte er 15 Dokumentarfilme über Südafrika.
Im Film wird er von Gabriel Mann dargestellt.
Die Hauptperson des Films ist Henry Nxumalo
dargestellt von dem US-amerikanischen Schauspieler Taye Diggs. Der 1918 geborene und 1957 ermordete Nxumalo
nahm in der südafrikanischen Armee an der Seite der Alliierten am Zweiten Weltkrieg teil. Dadurch
gelangte er nach Nordafrika und Großbritannien und bekam Kontakt zu Afroamerikanern. 1951 trat er bei
Drum ein und begründete den investigativen Journalismus in Südafrika. Er schmuggelte sich als
Arbeiter auf eine Farm ein, auf der schwarze Arbeiter noch wie Sklaven behandelt wurden, er ließ sich
ins Gefängnis einliefern, um die Missstände dort aufzudecken und er war einer der Ersten, die von
den Regierungsplänen zur Zerstörung Sophiatowns erfuhren.
Der Johannesburger Stadtteil Sophiatown ist
gewissermaßen eine weitere Hauptperson des Films. Hier lebten die Angehörigen verschiedener
ethnischer Gruppen in einem Stadtteil, heirateten untereinander, schlossen Freund- und Feindschaften und
bildeten eine multiethnische Insel im Südafrika der beginnenden Apartheid. Gleichzeitig war Sophiatown
eine kulturelle Hochburg, in der in den 50er Jahren viele Schriftsteller und Musiker lebten. Vor allem die
Jazzclubs, in denen z.B. Miriam Makeba ihre ersten Auftritte hatte, waren berühmt. In Südafrika
spricht man für die 50er Jahre von der »Sophiatown Renaissance«. Nxumalo war einer ihrer
Protagonisten. Sophiatown war außerdem ein Zentrum der gegen die Apartheid gerichteten politischen
Aktivitäten. Auch das zeigt der Film. So setzt er diesem Ende der 50er Jahre aufgrund des Group Areas
Act zerstörten Quartier ein cineastisches Denkmal, nachdem ihm Don Mattera, Vater der Filmemachers
Terry Mattera, in dem Roman Sophiatown der auch ins Deutsche übersetzt wurde bereits ein
literarisches Denkmal gesetzt hatte.
Formal ist Drum klassisches
Erzählkino, das trotz des ernsten Hintergrundes sehr unterhaltsam und leicht zu konsumieren ist. Die
Bedeutung des Films liegt darin, dass er nicht aus der europäischen »weißen« sondern
aus afrikanischen »schwarzen« Sicht gemacht ist. Außerdem bringt er dem deutschen Publikum
einen Teil der südafrikanischen Geschichte nahe, der hierzulande fast unbekannt ist. Deshalb ist er
sehens- und empfehlenswert.
Andreas Bodden
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