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I n der Woche vor Heiligabend besuchte US-
Präsident William Clinton Israel und die palästinensisch verwalteten
Territorien in Friedensmission, um wenige Tage später den Irak mit Krieg zu
überziehen. Im einen wie im anderen Fall rochen diese Initiativen nach
Innenpolitik, mit einem bitteren Nachgeschmack von Öl. Zugleich sah sich
Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu gezwungen, vorgezogene Neuwahlen
anzusetzen...
Clinton als Vertreter der Weltmacht Nr.1 war sicher, einen Kompromiß
durchsetzen zu können. Angesichts des drohenden Amtsenthebungsverfahrens
benötigte er dringend weltpolitische Erfolge. Die palästinensische Seite
erklärte sich bereit, weitere Konzessionen zu machen, wenn Israel sich nur an die
in Wye Plantation eingegangenen Verpflichtungen halten würde.
Der israelische Premierminister demonstrierte einmal mehr unbeugsame Härte.
Vor Clintons Ankunft erklärte er sogar, dessen Reise sei
überflüssig, da er nichts vorzuschlagen habe. Im Abkommen von Wye
hatte sich Israel bekanntlich verpflichtet, 13,1% der besetzten palästinensischen
Territorien zu räumen. Jetzt hieß es plötzlich, zuvor müsse
der palästinensische Nationalrat die PLO-Charta mit Zweidrittelmehrheit
revidieren... was er bereits vor drei Jahren tat! Für den Fall, daß die
palästinensische Seite die erneute Demütigung hinnehmen würde,
ließ Netanyahu seine Minister erklären, es gebe noch eine ganze Reihe
weiterer Vorbedingungen.
Clinton erreichte die Zustimmung der palästinensischen
Autonomiebehörde und forderte im Gegenzug von der israelischen Seite die
Erfüllung ihrer Verpflichtungen: Freilassung der palästinensischen
politischen Gefangenen (und nicht von Autodieben und Drogendealern wie im
November) und Rückzug der israelischen Truppen. Die Antwort der israelischen
Seite blieb ein klares "Nein"!
Den palästinensischen Eliten genügte die Ehre, vom Präsidenten der
USA hochoffiziell besucht zu werden. Den Beziehungen zwischen den Regierungen der
USA und der palästinensischen Gebiete hat Clintons Reise genützt. Doch
die Stabilisierung der US-amerikanischen Ordnung im Nahen Osten ist gescheitert, da
Clinton nicht die Einhaltung von Vereinbarungen duchsetzen konnte, für die er
selbst als Garant aufgetreten war.
Genau dort, wo er von der israelischen Regierung in die Schranken verwiesen worden
war, traf Clinton die Entscheidung, den Irak zu bombardieren. Wie um der Welt zu
zeigen, daß er trotz allem oberster Herr der Welt bleibt. Yassir Arafat und die
palästinensische Führung feierten Clinton noch als Freund des Friedens,
der Gerechtigkeit und der arabischen Sache, als im Gaza-Streifen und in
Transjordanien schon zahlreiche Demonstrationen gegen die Aggression der USA und
Großbritanniens losgingen. Die palästinensische Verwaltung begegnete
den Protestaktionen mit Verboten und Pressezensur. Derselbe CIA, der sich
bemüht, den Irak zu destabilisieren, koordiniert auch die Aktivitäten der
palästinensischen Geheimdienste...
Netanyahu konnte mit seiner harten Haltung verhindern, daß die Parteien der
äußersten Rechten seine Koalition verließen. Doch der
gemäßigtere Flügel stimmte in der Knesset mit der Arbeitspartei
für die Auflösung des Parlaments und vorgezogene Neuwahlen.
Netanyahu hat laut Umfragen gute Chancen, die Arbeitspartei und ihren Kandidaten
Barak zu schlagen, der wenig geeignet scheint, eine Rückkehr der Opposition in
die Regierung anzuführen. Kürzlich entstand eine neue Zentrumspartei
mit dem früheren Likud-Minister Amnon Shahak, womit die Karten neu
gemischt sind.
Israel befindet sich jetzt in einer Situation der Ungewißheit und des
Übergangs, was auch die Vertagung aller gegenüber den
Palästinensern eingegangenen Verpflichtungen und Terminen nach sich zieht.
Angesichts eines angeschlagenen US-Präsidenten, der seine Schiedsrichterrolle
nicht mehr spielen kann, scheint der Friedensvertrag von Oslo nun endgültig
kompromittiert.
Michael Warschawski