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SoZ SoZ - Sozialistische Zeitung Nr. 01 vom 05.01.1999, Seite 5

"Satanisches Ergebnis"

So nennt Tariq Ali, der als Sohn einer angesehenen islamischen Familie in Pakistan Marxist wurde, die Folgen des Irak-Krieges in der britischen Tageszeitung Guardian (vom 22.12.98).

Während die Bürgerinnen des Irak jetzt vor hastig ausgehobenen Gräbern still weinen können, müsse man sich fragen, ob dieses unmoralische Abenteuer Saddam Hussein oder Clinton und Blair mehr entehrt hat. Völlig übergangen wurde auf den Bildschirmen die fast weltweite Verurteilung dieser Bombardierungen auf allen fünf Kontinenten.
  Viele sahen den Angriff als brutalen Versuch, die Sanktionen zu verschärfen und das irakische Erdöl daran zu hindern, auf den Weltmarkt zu gelangen und so einen noch stärkeren Preisverfall auszulösen. Die Bombardierung von Bagdad hat die weltliche orientierte und demokratische Politik in der moslemischen Welt um mindestens zehn Jahre zurückgeworfen.
  In der Zeit des Kalten Krieges finanzierten die USA die Moslembruderschaft, die fundamentalistische Tamaat-i-Islami und ihnen verwandte Gruppen als "Bollwerk gegen den Kommunismus".
  Heute aber wird die Religion von verschiedenen Gruppen benutzt, um sie für den Jihad (den heiligen Krieg) gegen den Großen Satan zu instrumentalisieren.
  "Sie greifen die Geldgier tyrannischer Sultane und bestechlicher Diktatoren an. Sie greifen die saudischen Herrscher und Golf-Eliten an als Männer, die Religion zum Rückgrat von Reaktion, zum Werkzeug aller Sünden und Ungerechtigkeiten machen.
  Sie überschütten mit Hohn die Schwärme von Businessmen in Designer-Anzügen. In ihren Augen sind diese Leute heuchlerische und gewissenlose Geschöpfe des US-Präsidenten und der gigantischen Multis, deren einziges wirkliches Interesse Erdöl ist. Sie meinen, daß der einzige Weg, den König im Weißen Haus zu besiegen, die Anrufung Allahs sei, des Königs der Könige. Darum kämpfen sie für die Errichtung ‚islamischer Regime‘ und die Gottesherrschaft von Klerikern, für eine Diktatur der einzigen Wahrheit. Sie schauen nach dem Iran, nach Sudan, nach Algerien, und einige, wenn auch nicht viele, sind sogar für den verrückten Fanatismus der Taliban in Kabul (eine Regime, dessen wichtigste Führer auf den Lohnlisten des CIA standen).
  Wenn Madeleine Albright sagt, der Krieg gegen den islamischen Fundamentalismus sei der ‚Krieg der Zukunft‘ und ihrer eigenen Rhetorik glaubt, sollte sie ernsthaft nachdenken, ehe sie diesem Fundamentalismus Hilfe leistet", mahnt Tariq Ali. Denn "die Bombardierung von Bagdad hat die gebrechlichen Aquädukte einer säkularen demokratischen Politik in diesem Gebiet noch mehr geschwächt".
  "Diktaturen werden am besten durch das eigene Volk gestürzt, wie wir es kürzlich in Indonesien gesehen haben. Die Sanktionen aufzuheben würde dazu beitragen das irakische Volk zu stärken. In den Nachbarstaaten demokratische Herrschaft zu ermutigen wäre eine viel bessere Verteidigung gegen Saddam als US-Raketen. Es könnte bereits zu spät sein."
  Vielleicht ist es für unsere Regierungskoalition von Sozialdemokraten und Grünen noch nicht zu spät zu begreifen, welch "satanisches Ergebnis" ihre Unterstützung für die Bombardierung Iraks begünstigt hat.
 


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