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SoZ SoZ - Sozialistische Zeitung Nr. 02 vom 21.01.1999, Seite 6

Krake Metro

Gefahr für 34000

Nachdem der Metro-Konzern in den letzten Jahren durch ständige Übernahmen und Firmenaufkäufe präsent war, landete er Mitte November einen Coup, der wie eine Bombe einschlug.
  Der Vorstand teilte der staunenden Öffentlichkeit mit, man habe zusammen mit der Deutschen Bank eine Deinvestitionsgesellschaft namens DIVAG gegründet (inzwischen firmiert sie unter dem neuen Namen DIVACO GmbH & Co. KG). Für einen Preis von 2 Milliarden DM soll diese Gesellschaft Eigentümerin einer Reihe von Unternehmen des Metro-Konzerns werden, insgesamt von 250: der Discount-Kette TIP, der Kaufhalle (bis auf elf Filialen), Vobis (Computer), Reno (Schuhversand), 25 kleinere Filialen der Kaufhof-Gruppe.
  Aufgabe der Ex-DIVAG/DIVACO ist es, diese Unternehmen innerhalb von drei Jahren zu verwerten, d.h. entweder an die Börse zu bringen, zu verkaufen oder zu zerschlagen. Zum Beispiel sollen Adler, Reno und die Vobis-Tochter Maxdata an die Börse. 160 von 320 Filialen der TIP-Kette werden von Tengelmann übernommen. Das Schicksal der übrigen ca. 2000 "Standorte" ist ungewiß.
  Begründet wird dieses Vorgehen hauptsächlich mit der Konzentrierung auf vier Kerngeschäfte. Dabei handelt es sich um weithin sehr bekannte Unternehmen: Die Metro Cash & Carry Märkte (eigentlich Großhandel), die Real SB Warenhäuser, die Kaufhof Warenhäuser sowie die Fachmärkte Saturn, Media Markt, Praktiker, Extra.
  Mit diesem Vorgehen hat das inzwischen größte Handelsunternehmen Europas eine "Bereinigung" seiner Geschäftstätigkeiten vorgenommen, die zumindest im Handel beispiellos ist. Das ist höchstens vergleichbar mit dem Vorgehen bei Daimler Benz 1996, als sich der Konzernvorstand rigoros von Fokker, AEG usw. "trennte".
  Gleichzeitig muß daran erinnert werden, daß die Metro im letzten Jahr ca. 14 Milliarden DM ausgab, um andere Unternehmen aufzukaufen oder Anteile an ihnen zu erwerben. Die Firmen Allkauf und Kriegbaum wurden komplett geschluckt, Teile der niederländischen Makro-Gruppe wurden gekauft, und zu guter Letzt erhöhte die Metro AG ihre Beteiligung an der Metro Holding.
  Leider haben die Beschäftigten und die sie vertretenden die Gewerkschaften bislang kaum für Schlagzeilen in der Presse gesorgt. Von der DAG ist das auch nicht zu erwarten, konnte sie sich doch nicht dazu durchringen, dieses gesamte Projekt abzulehnen.
  Aber auch bei der HBV gab es keine einheitliche Linie. Im Metro-Aufsichtsrat hat nur ein Teil der dort vertretenen HBV-Mitglieder dagegen gestimmt. Die Organisation hat sich aber gegen das Vorgehen des Metro-Vorstands ausgesprochen.
  Was fehlt, sind Mobilisierungen der Beschäftigten. Inzwischen sind zwei Monate vergangen, und bisher wurde eher demobilisiert. Es gab schon verschiedene Vorschläge. Zum Beispiel wurde der Metro-Boß Prof. Otto Beisheim am 9.Januar anläßlich seines 75.Geburtstags groß gefeiert. Die HBV "gratulierte" in einer Zeitungsanzeige ironisch zur Ausgliederung von 34000 Beschäftigten und behauptete anbei: "Wir lassen unsere Kolleginnen und Kollegen nicht im Regen stehen!" Worauf es ankäme. Konkrete Aktionen zu diesem Anlaß wurden jedenfalls abgelehnt.
  Die HBV fordert "Arbeitsplatzgarantien" und "sozialverträgliche Lösungen". Der HBV-Sekretär und Metro-Aufsichtsrat Karlheinz Mahrt verlangte von der Metro, "Abschläge beim Verkauf" hinzunehmen, "wenn dadurch Arbeitsplätze erhalten werden". Widrigenfalls werde es "Filiale für Filiale einen Barrikadenkampf geben".
  Nun soll über eine Vereinbarung zur Beschäftigungs- und Standortsicherung mit dem Metro-Vorstand verhandelt werden. Ob der Metro-Vorstand irgendein Zugeständnis macht ist zweifelhaft. Für die Mitbestimmung fehlt dies gesetzliche Grundlage, erklärte Mahrt. Dafür beruft sich die HBV auf die im Grundgesetz verankerte Sozialverpflichtung "des Eigentums".
  "Barrikadenkampf von Filiale zu Filiale" klingt radikal. Doch birgt das die Gefahr, daß die Beschäftigten "Filiale für Filiale" nach ohnmächtigen Protesten geschlagen werden. Um zu einer Vereinbarung zu kommen, die die Beschäftigten ernsthaft vor dem Verlust des Arbeitsplatzes schützt, bedarf es sicherlich größerer Anstrengungen.
  Wir dürfen nicht vergessen, daß wir es mit einem Management zu tun haben, das für soziale Belange nichts, aber für maximalen Profit alles macht. Da werden wir mit Appellen an die soziale Verantwortung und die Moral nichts bewirken.
  Helmut Born