Artikel SoZ

SoZ SoZ - Sozialistische Zeitung Nr. 03 vom 04.02.1999, Seite 6

McJob-Tribunal

Ermutigung weiterzumachen

Der Arbeitskreis International der IG Medien Dortmund führte am 29.Januar zusammen mit dem RuhrgebietsInternationalismus Archiv (RIAD) und der Euromarschinitiative an der Fachhochschule Dortmund ein McJob-Tribunal durch. Die Zeugenaussagen, hauptsächlich aus diversen Putzbereichen, machten sowohl die in diesem Bereich üblen Arbeitsbedingungen (vor allem für MigrantInnen) deutlich, als auch einige Erfahrungen mit Versuchen der Gegenwehr.
  Der Beitrag von Jeffrey Raffo (von "Unite!" aus den USA) vermittelte einen Einblick in die Organisationserfahrung mit MigrantInnen, Frauen, HeimarbeiterInnen auch bei Großbetrieben und Hightechbetrieben. Ein Thesenreferat von RIAD versuchte dies zu verallgemeinern und in Zusammenhang mit der EU-Politik zu bringen, besonders in deren aktuell sozialdemokratisch-grüner Prägung.
  Das Tribunal hatte sicherlich eine Reihe von Mängeln. Daß fast 60 BesucherInnen aus unterschiedlichen Kreisen da waren und sich fast 40 von ihnen in eine Liste von Interessenten für weitere Aktivitäten eintrugen, ist aber eine Grundlage dafür weiterzumachen.
  Sowohl bei der Diskussion der Zeugenberichte als auch in den schriftlichen Bemerkungen und in zahlreichen Vorgesprächen richtete sich das Interesse hauptsächlich auf folgende Punkte: Einen besseren Einblick in die Sachlage zu bekommen, Organisationserfahrungen und -versuche kennenzulernen und zu diskutieren, die unterschiedlichen Bereiche (vom Putzen und Zuverdienen über Software basteln bis hin zur Karriereplanung) auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede abzuklopfen sowie die Konzeption von Alternativen zu diskutieren, die eben nicht auf traditionellen Auffassungen von Arbeit basieren, sondern auf den - sehr unterschiedlichen - Wünschen der Betroffenen. Daß dies alles auch ein Grund ist, in Köln gegen den EU-Gipfel zu demonstrieren, war sozusagen Teil der Voraussetzungen!
  Ergebnis einer ersten Auswertung des Tribunals sind einige Überlegungen, wie das Thema weiterverfolgt werden kann.
  Geplant ist von unserer Seite (AKIM) eine Dokumentation zum Thema McJob (ab Anfang März auf www.free.de/AKIM), die die Zeugenaussagen ebenso beinhalten wird wie weitere Dokumente von anderswo (Bau, AKW, Computerindustrie), und auch einen einleitenden Artikel von unserer Seite. Auf Bestellung können InteressentInnen ohne Netzanschluß auch eine gedruckte Fassung bekommen.
  Wir werden in einer einstündigen Sondersendung des von uns mitbetriebenen Radiomagazins Tricont das Thema McJob weltweit behandeln, nicht zuletzt gestützt auf das Material des Tribunals. Sendetermin ist Donnerstag, der 18.Februar um 19.30 Uhr auf Kurzwelle 3,985 Mhz, der Frequenz der International Broadcasting Association (IBA). Ab Ende Februar wird diese Sonbdersendung auch - in Realaudio - auf dem Server des United Nations Derpartment of Information übers Web abrufbar sein - www.undpi.org/RadioTricont -, aber auch in den monatlichen Lokalprogrammen des Radionetzwerks Tricont zu hören sein, die in 13 Städten laufen. Wer den Beitrag weder im Netz abrufen noch im Radio hören kann, kann ihn auch als Kassette bestellen.
  Eine gesonderte Veranstaltung mit Jeffrey Raffo soll dessen Erfahrung aus sieben Jahren Organisationsarbeit mit MigrantInnen, Frauen und HeimarbeiterInnen in den USA weitervermitteln.
  Weiterhin werden wir versuchen - vor allem, weil dies den Problemen der "ZeugInnen" entspricht - für eine Zeit lang einen regionalen Gesprächskreis McJob ins Leben zu rufen, der dem Austausch von Informationen dienen soll, aber auch der Beratung, der Kontaktvermittlung und der Bersprechung eventueller gemeinsamer Aktivitäten. Es ist auch angestrebt, dies ausgehend von der IG Medien zu einer offiziellen Aktivität derjenigen Gewerkschaften zu machen, in deren Zuständigkeit die einschlägigen Bereiche der Arbeitswelt insbesondere fallen. Es laufen auch Gespräche, dies an das geplante Dortmunder "Büro für Zusammenleben" anzugliedern.
  In Zusammenarbeit mit einigen internationalen Organisationen wollen wir ein kleines Infonetz zum Thema aufbauen (über unsere Website). Hierzu haben wir bisher zur "Hightech temporary workers Union Washington State" und zu zwei, drei anderen Gruppierungen Kontakt aufgenommen und werden dies über den ohnehin im Programm stehenden "Union-Surf" von AKIM ausbauen.
 
  Helmut Weiss